Gesellschaft Denken und Wissen
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Gesellschaft Denken und Wissen

Das Volleinkommen. Gibt Sicherheit und verhindert Zwänge.


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Die folgenden Beiträge sind auch auf Papier ausgedruckt in Heftform erhältlich.

Wir bitten darum, dass auf die Quelle hingewiesen wird, wenn Aspekte und Argumente aus diesem Text übernommen werden.


Worum es geht

Es geht um eine neue Wirtschaftsordnung als zwingende Voraussetzung für die Entwicklung einer weitergehenden Denkfähigkeit

Wir brauchen eine völlig neue Volkswirtschaftsordnung. Zwei ganz unterschiedliche Probleme führen zu diesem Schluss.

Beide Probleme haben dieselbe Ursache: die heutige Denkfähigkeit des Menschen reicht nicht aus.

Der Mensch kann bezüglich dieses misslichen Umstands drei Haltungen einnehmen:
⇒ entweder akzeptiert er den Zustand fatalistisch;
⇒ oder er hofft auf eine irgendwie eintretende Hilfe von aussen;
⇒ oder er versucht, die Denkfähigkeit weiter zu entwickeln.

Die Geschichte zeigt allerdings, dass Fatalismus nicht dauerhaft befriedigt und dass Hilfe von aussen nicht oder zumindest nicht in ausreichendem Mass eintritt.

Damit bleibt nur die Möglichkeit zu versuchen, die Denkfähigkeit weiter zu entwickeln. Dies kann jedoch heute nur noch im Rahmen einer völlig neuen Volkswirtschaftsordnung realisiert werden. Denn – wie hier dargelegt wird – der (Wirtschafts-)Wettbewerb und die nun anstehende, erforderliche Entwicklung einer entschieden höheren Denkfähigkeit schliessen sich gegenseitig aus. Um Entwicklung zu ermöglichen, soll deshalb eine wettbewerbsfreie Wirtschaftsordnung entwickelt und eingerichtet werden.

Das neue Volkswirtschaftssystem muss wesentlich aus drei Elementen bestehen.
Erstens unterbinden die Gesetzmässigkeiten des neuen Wirtschaftssystems den Wettbewerb.
Zweitens erfolgt die Produktion von Gütern und Dienstleistungen vollständig durch verbindlich dezentral planende Assoziationen.
Drittens erhalten alle Bürger ausschliesslich ein allgemeines, volles, einheitliches und von allen Bedingungen freies Einkommen, ein Volleinkommen.

Wie sich zeigen wird, ist es leicht, gegenüber dem Konzept eines völlig neuen Volkswirtschaftssystems Einwände vorzubringen. Nicht leicht hingegen, sondern intellektuell teilweise ziemlich anspruchsvoll ist es, ein neues Wirtschaftssystem zu begründen. Hier finden Sie die entsprechenden Begründungen für das vorgestellte System.

***

VORBEMERKUNGEN

Fehlende Denkfähigkeit und Wirtschaftswettbewerb
Um die heute anstehenden Aufgaben sachgemäss denken und dadurch Lösungen finden zu können, werden wir eine höhere Logik als die bisher übliche zweiwertige oder binäre entwickeln müssen, d. h. eine dreiwertige oder trinäre Logik, wie sie im Kapitel Trinäre Logik näher beschrieben wird.

Die Art der Logik, die als erste über der binären Logik steht, ist eine Trinäre Logik. Sie lässt drei statt nur zwei möglichen Schlüssen zu, die sich alle gegenseitig auf das Entschiedenste ausschliessen. Im Moment können wir uns dies allerdings noch nicht sachgemäss vorstellen; wir sind ausnahmslos überfordert.

Eine trinäre Logik respektive deren Notwendigkeit für die weitere Entwicklung und Erkenntnismehrung kann anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden:

Gemäss herkömmlicher Logik ist das Weltall endlich oder unendlich. Etwas anderes vermögen wir uns, ausserhalb mathematischer Formeln, nicht einmal abstrakt vorzustellen; unsere Fähigkeiten reichen dazu nicht aus. Bei beiden der möglichen Antworten - das Weltall ist endlich; das Weltall ist unendlich - bemerken wir jedoch eine innere Unzufriedenheit. Beide der möglichen Antworten sind nämlich von einer Art, die logisch nicht herleitbar ist. (Auch die nicht-euklidische Geometrie hat keine inhaltliche Lösung erbracht, sondern nur eine formal andere Fassung.) Die Unmöglichkeit der Antwortfindung deutet in gewisser Weise darauf hin, dass das Weltall tatsächlich weder endlich noch unendlich ist, sondern - und damit ausserhalb der binären Logik stehend -, einen dritten Zustand einnimmt, d. h. einen Zustand von gänzlich anderer Qualität, den wir jedoch mangels ausgebildeten Vorstellungsvermögens (noch) nicht erfassen können.

Da nur trinärlogisch zu erfassende Eigenheiten aus binärlogischer Sicht sogleich falsch sind, müssen wir bewusst eine Möglichkeit schaffen, uns diesen Eigenheiten vorerst urteilslos zu nähern, d. h. ohne sogleich gemäss binärer Logik zu urteilen; wir brauchen also eine differenzierte Vorbehaltlosigkeit.

Eine solche zu entwickeln wird durch die Bedingungen des Wirtschaftswettbewerbs jedoch weitgehend verunmöglicht. Der Wirtschaftswettbewerb verlangt fortwährend eine schnelle Urteilsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit der Bildung binärlogisch begründeter Vorbehaltshaltungen. Der Mensch kann allerdings fast unmöglich eine das Leben bestimmende (zweiwertige) Urteils- und daraus hervorgehend Vorbehaltsfähigkeit und zugleich eine differenzierte Vorbehaltlosigkeit ausbilden. Letzteres wird daher erst dann möglich sein, wenn der Wirtschaftswettbewerb ausgeschlossen wird.

Selbst wenn bezüglich der Forderung der Eliminierung des Wirtschaftswettbewerbs die Weiterentwicklung des Denkvermögens im Vordergrund steht, ist nicht zu übersehen, dass noch weitere gewichtige gesellschaftliche Probleme bestehen, deren einzige Lösung in der Entfernung des Wettbewerbs liegt. Diese Probleme sind u. a.:

Auf diese Probleme wird ausführlicher eingegangen im Abschnitt «Die Begründungen» im Kapitel Das Volleinkommen.



Fehlender Sinn des Lebens

Für viele Menschen ist ein tieferer Sinn des Lebens zunehmend nicht mehr ersichtlich. Eine mitunter verzweifelte Suche danach zeigt sich an den häufiger werdenden Versuchen, physische und / oder psychische Grenzerfahrungen herbeizuführen in der Hoffnung, dadurch diesseits oder jenseits einer allfälligen Grenze den Erfahrungsbereich auszuweiten und dort einen Sinn des Lebens zu entdecken.
Die sich aus dem Fehlen des Sinns des Lebens ergebende Orientierungslosigkeit zeigt sich nicht nur im individuellen Leben, sondern ebenso in allen anderen Bereichen, in welchen der Mensch völlig neue Entscheidungen treffen muss. Wie im Folgenden ersichtlich wird, liegt die Ursache massgeblich in der Diskrepanz zwischen der äusseren technisch-wissenschaftlichen Entwicklung und der vor geraumer Zeit stecken gebliebenen inneren Entwicklung des Menschen. Letztere gilt es wieder in Gang zu bringen. Die Gesellschaft Denken und Wissen trägt hierzu bei.

***

Eine erste Übersicht über die zentralen Punkte:

1. Entwicklungsstillstand

Seit über hundert Jahren steht die Entwicklung des Menschen mehr oder weniger still. Wir denken und handeln immer noch wie damals respektive nach denselben Denkmustern. Einerseits ist ein methodischer Rückstand zu bemerken und andererseits sind in den Anwendungen Defizite vorhanden. Dies ist u. a. in der Politik spürbar, in der naturwissenschaftlichen Forschung, in der Medizin, der Ökonomie und vor allem in der individuellen Suche nach Sinn und Zweck des Lebens. Heute wird, wenn auch – der fehlenden Sinnhaftigkeit wegen – zuweilen etwas verschämt, immer noch nach neuen, in Wirklichkeit nur noch zusätzlichen, an und für sich längst entdeckten äusseren Gegebenheiten gesucht, d. h. nach neuen Tieren, Planeten, Elementen oder Teilchen - und nicht danach, aus welchem Grund oder zu welchem Zweck diese Gegebenheiten existieren und weshalb in der gerade vorhandenen und nicht in einer ganz anderen Art.

2. Neue Fähigkeiten entwickeln

Derzeit fehlen dem Menschen die für seine substanzielle weitere Entwicklung nötigen Wahrnehmungs- und Forschungsfähigkeiten. Die natürlicherweise zur Verfügung stehenden Fähigkeiten reichen erfahrungsgemäss nicht mehr aus. Die erforderlichen neuen Fähigkeiten sind jedoch weder eine unmittelbare Fortsetzung der natürlichen Fähigkeiten, noch entstehen sie von selbst, noch unterliegen sie zum Vornherein und zwingend der bestehenden binären Logik; vielmehr sind sie (noch) völlig fremd. Die neuen Fähigkeiten müssen dem Menschen ermöglichen, sich denkerisch auf bisher undenkbare Sachverhalte einzulassen und dabei eine sachgemässe Urteilsfähigkeit beizubehalten respektive letztere nach Bedarf zu entwickeln.

3. Entwicklungsbedingungen schaffen

Um die erforderlichen neuen Fähigkeiten entwickeln zu können, müssen zuerst die nötigen Entwicklungsgrundlagen geschaffen werden. Der entscheidende erste Schritt besteht in der Überwindung des Wettbewerbs, namentlich des Wirtschaftswettbewerbs.

4. Arbeit und Einkommen trennen

Den Wirtschaftswettbewerb überwinden heisst, ihn systematisch, d.h. in den Gesetzmässigkeiten eines neuen Wirtschaftssystems veranlagt, auszuschliessen, denn er kann, seiner Natur gemäss, nicht einfach beschränkt werden.
Der Wegfall des Wettbewerbs hat in der Praxis weitreichende Folgen. Die augenfälligste ist die, dass das Einkommen nicht mehr an die Erbringung von Arbeit gekoppelt werden kann. Eine Entkopplung von Arbeit und Einkommen ist dadurch möglich, dass jeder Bürger ohne jegliche Gegenleistung ein volles Einkommen erhält, denn jede andere Lösung würde den Wettbewerb sofort wieder antreiben.
Da es nun (bisher) zum einen keine abschliessend gerechtfertigten und anerkannten Gesichtspunkte gibt, um das «richtige» Einkommen festzulegen, und da zum anderen jeder Bürger etwa die gleichen (berechtigten) Lebenshaltungskosten hat, wird das Einkommen für alle gleich sein müssen.

Ein solches Einkommen kann einheitliches Volleinkommen genannt werden. Ein Volleinkommen ist ein Einkommen, das nicht durch zusätzliche individuelle Lohnarbeit erhöht werden kann.

Eine zusätzliche individuelle Lohnarbeit ist deshalb nicht mehr möglich, weil sie, gemäss ihrer Natur, wieder dem Wettbewerb unterliegen würde, den es gerade auszuschliessen gilt.

5. Schützenhilfe

Die obigen Schlüsse und Forderungen treffen, trotz zumindest teilweiser Einsicht in ihre Dringlichkeit und trotz fehlender Alternativen, nur bedingt auf Gegenliebe und tätige Anerkennung; sie sind der herrschenden Denkweise offenbar zu fremdartig. Ungewollt scheint sich nun jedoch eine aktuelle ökonomische Entwicklung als Schützenhilfe zu erweisen: die Sättigung der Märkte. Weil in den sogenannt hochentwickelten Ländern bereits fast alle alles haben, was sie brauchen, kann die Wirtschaft nicht mehr expandieren. Im Zusammenhang mit dem trotzdem immer noch wachsenden Produktivitätssteigerungsvermögen der Wirtschaft hat dies zur Folge, dass immer mehr Arbeitsplätze vollständig verschwinden.
Als Sondereffekt kommt nun noch etwas hinzu: die allmähliche praktische Gebrauchsfähigkeit von Robotern. Die Roboterentwicklung lässt ahnen und zeigt teilweise bereits, dass in absehbarer Zeit per Saldo der grösste Teil der Arbeitsplätze ersatzlos wegfallen wird. (Weitere Ausführungen dazu im Kapitel Die Roboterisierung
Eine moderne Volkswirtschaftsordnung, deren einzige Aufgabe die Güterversorgung der Bürger ist, wird dieser Aufgabe jedoch auch dann nachzukommen haben, wenn die Güter nicht mehr von Menschen, sondern von Robotern produziert werden.

Bitte helfen Sie mit.
Um ein den Wettbewerb ausschliessendes Wirtschaftssystem zu entwickeln, ist in vielerlei Hinsicht Unterstützung nötig. Eine günstige Voraussetzung für das nachdrückliche argumentative Eintreten wird sein, den Zusammenhang der eingangs aufgeführten Probleme Schritt für Schritt bis zur Forderung der Überwindung und Entfernung des Wettbewerbs zu erkennen.
Ein solches Projekt muss finanziell und ideell unterstützt werden. Letzteres geschieht dadurch, dass darüber diskutiert wird - überall wo möglich. Insbesondere muss jedoch auch immer wieder darauf hingewiesen werden, dass jetzt weder Reformen des dem Wirtschaftssystem untergeordneten Geldsystems angebracht sind und auch keine Rettungsaktionen für das Klima, die Regenwälder, für seltene Tiere oder Pflanzen und dergleichen. Auch nicht «neues» Denken, «neue» Pädagogik, «neue» Kommunikationskunst und Ähnliches wird eine Wende bewirken. Nur ein vollständig neues Volkswirtschaftssystem eröffnet die notwendigen Voraussetzungen, damit der Mensch die Fähigkeiten zur Lösung der bisher ungelösten - um genau zu sein: der bisher unlösbaren Probleme entwickeln kann.


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Zur Orientierung

Der Zusammenhang zwischen Entwicklungsrückstand, Fähigkeitenentwicklung und neuer Wirtschaftsordnung wird auf dieser Webseite in mehreren kleinen Beiträgen dargestellt. Die Beiträge sind in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet, d. h. dass man einerseits allein durch Scrollen von einem Beitrag zum passenden nächsten gehen kann, während die Navigationsleisten links und rechts es erlauben, gezielt zu bestimmten Beiträgen zu springen.

Das inhaltliche Hauptkapitel heisst Das neue Wirtschaftssystem. Da in den hier aufgeführten Überlegungen jedoch von einigen bisher eher fremden Gesichtspunkten ausgegangen wird, sind die Hinweise in den Kapiteln Die Wirtschaft und Das Geldsystem zur Klärung von Vorteil. Zur vornehmlich philosophischen Vertiefung ist das gleich folgende Kapitel Grundlagen geeignet.

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A - Grundlagen

In diesem Kapitel werden philosophisch-erkenntniswissenschaftliche Gesichtspunkte behandelt. Denn diese sind es, die der Mensch in bewusster oder unbewusster Weise heranzieht, wenn er sich fragt, was der Sinn des Lebens sei und warum die Welt genau so und nicht anders ist oder auch nur, was vor dem Leben und nach dem Leben geschieht, weshalb es überhaupt ein Schicksal gibt oder warum die Erde eine Kugel statt ein Würfel ist. Diese Fragen können aus dem heute üblichen Denkvermögen heraus nicht beantwortet, vermutlich jedoch noch nicht einmal sachgerecht formuliert werden. Hier wird augenscheinlich, dass der Mensch zuerst neue Fähigkeiten entwickeln muss.

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A 1. Denken und Wissen

Denken ist ein äusserst komplexer und von vielen Umständen abhängiger Prozess.

Das Denken ist diejenige Fähigkeit des Menschen, die es ihm ermöglicht, das Gegebene zu ergründen und ideell zu strukturieren. Dadurch gelingt es ihm, sich dieses Gegebene einerseits nutzbar zu machen und andererseits ihm gegenüber autonomer zu werden, ihm also immer weniger ausgeliefert zu sein.

Strukturierung des Gegebenen heisst, das Gegebene ideell in einzelne Teile aufzuteilen und in der Regel mit Begriffen zu versehen. Dieser Prozess ist dem Menschen manchmal nicht bewusst, weil er durch die Bildung eine bereits mit vielen Begriffen versehene Welt vermittelt bekommen hat; das «Denken» über die begrifflich bereits erfassten Gegebenheiten ist dann in Wirklichkeit nur noch ein Kombinieren, d. h. ein Zusammenfügen von bloss äusserlich Passendem, aber kein wirkliches Denken.

Die Fähigkeit des gründlichen denkerischen Eindringens in einen neuen Sachverhalt und des Strukturierens des Gefundenen ist derzeit nur schwach entwickelt. Die hochentwickelte Forschung, wie sie z. B. am CERN betrieben wird, kann dem nicht entgegengehalten werden. Denn diese Forschung ist nur eine quantitative Fortführung der bereits erlangten, in der Tiefe jedoch ungenügenden Erkenntnisse, und nicht eine qualitative intellektuelle Durchmusterung des Gefundenen. (Die theoretische Physik behauptet ohne spezifische Deklaration und Begründung, tief im Innern der Materie sei die Ur-Idee versteckt, die zur Bildung von Materie und dadurch zu Raum und Zeit geführt habe. Demzufolge sollen Maschinen - Teilchenbeschleuniger -, unausweichlich Raum und Zeit unterliegend, jedoch notgedrungen über diese hinausführend, diese Idee finden, ungeachtet der Tatsache, dass Ideen nicht in materieller Form existieren.)

Zur Charakterisierung der Problematik des Denkens kann die Mathematik angeführt werden, da diese oft als Ausdruck des Denkenkönnens gilt. Letzteres trifft jedoch nicht wirklich zu. (Der Aspekt, dass richtiges Denken zudem immer anthropozentrisch, d. h. auf den Menschen bezogen, ist, soll hier vorerst nicht weiterverfolgt werden.)
Mathematisieren kann nicht gleichgesetzt werden mit Denkenkönnen. Dies ist z. B. an der abstrakten Idee einer vierten oder fünften Dimension zu sehen. Die in mathematischen Formeln zweckmässigen Grössen sind realiter bloss der unzweckmässige Versuch, mit den Mitteln des herkömmlichen binären Denkens in Regionen jenseits von Raum und Zeit zu agieren. (Die Dimension Zeit binärlogisch erfassen zu wollen hiesse, zu unterscheiden zwischen einem Zustand, in dem «Zeit» stattfindet und einem Zustand, in welchem diese nicht stattfindet. Wenn es Letzteres gibt, dann nur ausserhalb unseres derzeitigen Vorstellungsvermögens.) Der Mensch erlangt durch solche Versuche jedoch weder eine Erkenntnis darüber, wie die drei bestehenden Raumdimensionen entstanden sind, noch erlangt er Autonomie gegenüber einer vierten Dimension. Letztere kann er nicht einmal mit Hilfsmitteln wahrnehmen.

Wie schon weiter oben bemerkt, heisst dies mit anderen Worten, dass wir eine höherwertige Logik, eine trinäre Logik, entwickeln müssen.

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A 2. Die Idee Wissenschaft

Die gegenwärtige Wissenschaft versucht die Gegebenheiten anhand ihrer äusseren Phänomene und deren Verknüpfungen respektive Verknüpfungsmöglichkeiten zu erfassen. Als erste wissenschaftliche Tugend gilt daher, möglichst alle bekannten Phänomene und deren Behandlungen durch andere Forscher / Autoren aufzuführen. Eine Wissenschaft ist jedoch erst dann tatsachengerecht, wenn sie erstens die die Wirkungen ermöglichenden Gesetze und zweitens die die Wirkungen auslösenden inneren Kräfte unmittelbar kraft entsprechender menschlicher Fähigkeiten erfasst. Da gegenwärtig weder das eine noch das andere möglich ist, sind vorerst einzig die äusserlich feststellbaren Folgen dieser Gegebenheiten wissenschaftsrelevant.
Bezüglich z. B. des Wirtschaftssystems und des Geldsystems heisst dies, dass deren entwicklungsspezifische Auswirkungen auf den Menschen als massgeblich erachtet werden müssen hinsichtlich der Beurteilung ihrer Bedeutung sowie der Intention, die zu ihrer Entstehung geführt hat. Da ein solcher Forschungsansatz bis heute fehlt, existiert auch keine befriedigende Geldtheorie, worauf am Anfang des Kapitels Das Geldsystem noch begründet hingewiesen wird.

Das nicht zu übersehende Ergebnis der derzeitigen ungenügenden Wissensfindungsmethodik ist, dass wir bis heute kein Wissen haben, welches über das Kombinieren von äusserlich wahrnehmbaren Phänomenen hinausgeht; wir wissen nicht einmal, warum Gras wächst oder warum das Phänomen Regenbogen existiert. Ein handhabbares Wissen der inneren Verhältnisse der Gegebenheiten, d. h. ein Wissen, dessen Anwendung – ohne Ausnahme und ohne Nebenwirkungen (was sogleich die Statistik, die unerklärliche Ausnahmen statt zu klären bloss in ein mathematisches Muster stecken kann, als wissenschaftliches Hilfsmittel ausschliesst) – unmittelbar zu den gewollten Ergebnissen führt, existiert nicht. Dieses Wissen ist in einem solchen Umfang abwesend, dass die Wissenschaft gelegentlich im Nachgang zu Kants Dogma der absoluten Erkenntnisgrenzen in einem verständlichen Anflug von Verzweiflung die Ansicht vertritt, das hier geforderte Wissen könne gar nie eintreten.

Im Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema Entwicklung und Wirtschaftswettbewerb respektive Neue Wirtschaftsordnung ist es naheliegend, das Ungenügen der aktuellen Wissenschaft insbesondere bezüglich ökonomischer Sachverhalte aufzuzeigen.

Wenn eine Wissenschaft vom Geld anhand der heute feststellbaren Auswirkungen auf den Menschen entwickelt werden soll, heisst dies, dass dabei die individuelle Entlöhnung des Menschen anlässlich der Arbeitsteilung im Zentrum der Betrachtung stehen muss. Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass die individuelle Entlöhnung der markanteste Schritt in der Entwicklung des einzelnen Menschen in den letzten Jahrhunderten war und dass dieser Schritt aus praktischen Gründen ohne Geldsystem nicht möglich gewesen wäre. Ohne Geldsystem wäre die Arbeitsteilung als Kern der modernen Produktion nicht eingeführt worden - siehe dazu den Abschnitt «Der menschheitsgeschichtliche Aspekt des Wettbewerbs» im Kapitel Grenzen der Marktwirtschaft –, und der Mensch hätte den erst dadurch möglich gewordenen Schritt zur Individualisierung nicht gemacht. Die Entwicklung des Menschen vom Sippenangehörigen zum Individuum war daher vermutlich nur möglich, weil ein Geldsystem eingerichtet wurde.

Auf Grund der durch das Geldsystem eingetretenen entwicklungsgeschichtlichen Folgen wird ersichtlich, dass das Geldsystem kaum aus ökonomischen, sondern vielmehr aus menschheitsgeschichtlich-entwicklungsspezifischen Gründen eingeführt wurde und dass es deshalb auch nicht gemäss ökonomischen Gesichtspunkten verstanden werden kann. (Bezüglich der Tatsache, dass das Geldsystem aus ökonomischer Sicht nicht verstanden wird, wird auf van Suntum und von Mises im Kapitel Das Geldsystem verwiesen.) Wer allerdings das Geldsystem konkret erdacht und realisiert hat, ist im Moment noch unklar. Dies zu klären wird erst gelingen, wenn die angestrebten neuen Fähigkeiten entwickelt sind.

Genau dieser zur Zeit möglicherweise noch etwas seltsam anmutende Hintergrund des Geldsystems respektive dessen intellektuelle Erschliessung wird ausschlaggebend dafür sein, Geld nicht mehr als primär ökonomische Angelegenheit zu sehen und erst aus dieser Erkenntnis heraus diejenigen Massnahmen zu finden, welche tatsächlich Finanz- und Wirtschaftskrisen verhindern.

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A 3. Trinäre Logik

(Dieser Abschnitt ist ein Auszug aus der Schrift «Grenzen der Wissenschaft». Siehe Kapitel «Schriften»)

Die Grenzen der Wissenschaft sind gegeben durch die Beschränktheit des menschlichen Vorstellungsvermögens in Bezug auf den Grad der Komplexität von Gegebenheiten. Derzeit ist es nur möglich, von der Existenz eines bestimmten Zustandes oder von dessen Abwesenheit oder von einer Mischform von beiden zu sprechen. Sobald wir jedoch gewisse konkrete Fragen vor Augen haben und diese in der nötigen Tiefe zu beantworten versuchen, müssen wir feststellen, dass die beiden in der binären Logik möglichen Positionen nicht ausreichen.

Wenn wir z. B. (wie oben bereits angeschnitten) die Frage stellen, ob das Weltall endlich oder unendlich sei, erkennen wir sogleich das Dilemma. Vertreten wir nämlich die Ansicht, das Weltall sei endlich, stellt sich unweigerlich die Folgefrage, was denn jenseits der die Endlichkeit markierenden Grenze ist. Da dieser Bereich zweifellos in irgendeiner Weise besteht – denn sonst könnte sich keine Grenze bilden –, ist die Antwort nicht befriedigend. Es müsste sich zumindest eine begründete Vorstellung bilden bezüglich dieses Gebietes.
Meinen wir jedoch, das Weltall sei unendlich, müssen wir uns eingestehen, dass wir eine Dimension – also eine Qualität von Raum oder Zeit –, die wir als unendlich bezeichnen, zwar verbal vertreten, sie in unserer eigenen inneren Vorstellung jedoch unmöglich sachgemäss erfassen können.

Die Begriffe «endlich» und «unendlich» erweisen sich daher als blosse Floskeln. Im konkreten Fall spüren wir das auch sogleich, weshalb wir uns in der Regel – wissend, dass wir die Frage nicht beantworten können – gar nicht auf sie einlassen. Daraus folgernd kann nur geschlossen werden, dass wir, soweit diese Konstellation mit binärer Logik überhaupt zu fassen ist, eine Logik bilden müssen, welche, zusätzlich zu den beiden bestehenden Positionen der äusserstmöglichen Gegensätze, eine dritte Position mit derselben Qualität beinhaltet. Dies heisst mit anderen Worten, dass die binäre Logik durch eine trinäre Logik erweitert werden muss.

Eine Logik mit drei aufs Äusserste gegensätzlichen Positionen können wir uns jedoch, nicht nur in Bezug auf die Frage der Begrenztheit des Weltalls, schlicht nicht vorstellen. Eine solche Vorstellungsfähigkeit ist aber ausschlaggebend, wenn wir von Wissenschaft sprechen wollen, denn Wissenschaft ist die Folge von Denkprozessen und Denken ist das Durchdringen des Gegebenen mit Begriffen und Ideen. Begriffe und Ideen sind Vorstellungsdimensionen; ein Begriff ist nur dann ein sinnhafter Begriff, wenn er real begriffen werden kann, d. h. wenn unser Vorstellungsvermögen ihn unmittelbar, also ohne Formel, zu fassen vermag.[1]

Die beiden vorstellbaren Zustände der binären Logik zeichnen sich dadurch aus, dass sie zueinander den grösstmöglich denkbaren Gegensatz bilden können, ohne dass eine dritte oder weitere Position von noch grösserer Gegensätzlichkeit eintreten könnte; die grösstmögliche Gegensätzlichkeit ist also eine Qualität. Dabei ist die Menge der Unterschiedlichkeit, die Quantität, nicht von Belang. Sie würde nur eine grössere oder kleinere Distanz der entschiedenst gegenteiligen Positionen ausdrücken, nicht jedoch die Entschiedenheit des Gegensatzes. Die zweiteilige Unterschiedlichkeit kann demnach ausreichend durch eine solche Logik erfasst werden, die eben zwei Zustände abschliessend zu erfassen vermag; man kann sie daher zu Recht eine binäre Logik nennen.
Jeder substanzielle wissenschaftliche Fortschritt wird sich jedoch als die Fähigkeit erweisen, eine über den zweiseitigen Gegensatz hinausgehende Unterschiedlichkeit erfassen zu können. Dies erfordert demnach unabdingbar eine Steigerung der Qualität der (binären) Logik um mindestens eine grundlegend neue Stufe, das heisst, eine dreiwertige, also trinäre, Logik.[2]
Hierbei wird allerdings gleich klar, dass man zwar von einer trinären Logik sprechen und auch eine mathematische Formel dazu bilden kann, sich einen real trinären Sachverhalt derzeit jedoch nicht vorstellen kann.
Es ist heute (noch) nicht möglich, gedanklich drei Positionen in qualitativ je maximaler Distanz zueinander zu halten; allein dies aber wäre Ausdruck trinärer Logik.

Die Problematik der noch nicht vorhandenen mehrwertigen Logik ist nicht neu. So schreibt der deutsche Philosoph und Logiker Gotthard Günther (1900-1984) in seinem Aufsatz «Die Theorie der ‹MEHRWERTIGEN› LOGIK» von 1971:

«Es hiesse Eulen nach Athen tragen, wollte man sich bemühen, im Jahre 1971 darzulegen, dass die klassische, durch Aristoteles erstmalig parziell kodifizierte formale Logik kein ausreichendes Fundament für die moderne Wissenschaft mehr liefert. Während darüber so ziemliche Einigkeit herrscht, begegnet man aber einer völligen Anarchie der Meinungen, sobald es sich um die Frage handelt, ob und auf welche Weise das logische Fundament unseres theoretischen Denkens erweitert werden soll. Relevante Kritik an der Aristotelischen Logik ist schon im Mittelalter geübt worden. Bekannt ist Bacons Idee eines Novum Organon, und der Cartesianer Johannes Clauberg unterschied nicht viel später zwischen einer logica vetus und einer logica nova. Diese etwas farblose Unterscheidung zwischen einer alten und einer neuen Logik ist in der Gegenwart wieder aufgetaucht. Der Neo-Positivist Rudolf Carnap hat am Anfang der 30er Jahre einen programmatischen Aufsatz, betitelt «Die alte und die neue Logik» (Erkenntnis, Bd. 111, S. 12-26), veröffentlicht, und diese blasse Unterscheidung, die schlechthin nichts über den Charakter der «neuen» Logik aussagt, hat sich inzwischen ein gewisses Bürgerrecht erworben.»
Erschienen in: Rudolph Berlinger und Eugen Fink (Hrsg.), Philosophische Perspektiven Bd. 3, Verlag Vittorio Klostermann 1971, S. 110-131.

Wie aus Günthers Text leicht zu sehen ist, bleibt es bei der Feststellung, dass die binäre Logik kein «Fundament für die moderne Wissenschaft mehr liefert.» Ein Ansatz zu ihrer Überwindung hingegen ist nicht zu erkennen. Wenn auch möglicherweise die theoretischen Physiker Max Planck und Albert Einstein noch nicht ausreichend genau erkannten, dass ihre Theorien frühestens dann Wissenschaft werden können, wenn der Mensch über die Fähigkeit verfügt, mindestens gemäss einer dreiwertigen Logik zu denken, haben sie doch vermutlich als erste solche Phänomene zu fassen versucht, die eine dreiwertige Logik erfordern.

Grundlage der Wissenschaft ist die Fähigkeit des Menschen, Gegebenes mit Begriffen und Ideen zu durchdringen. Letztere müssen – unausweichlich – durch ein eigenes Vorstellungsvermögen gebildet werden. Deshalb sagte Johann Gottlieb Fichte in den Vorlesungen zur Wissenschaftslehre im Herbst 1813 an der Universität Berlin:

«Die Lehre, [die ich] unter dem Namen der Wissenschaftslehre vorgetragen habe, ist seit den drei Jahrzehnten ihrer Erscheinung fast so gut als gar nicht verstanden worden [...] Diese Lehre setzt voraus ein ganz neues inneres Sinnenwerkzeug, durch welches eine neue Welt gegeben wird, die für den gewöhnlichen Menschen gar nicht vorhanden ist. Dies ist nicht zu verstehen, als etwa eine Übertreibung, rednerische Phrase, die nur gesagt wird, um viel zu fordern, mit dem stillen Bescheiden, dass weniger gewährt werden möge, - sondern es ist zu verstehen wörtlich, wie es heisst.»
- Der Text erschien unter dem Reihentitel «Fichtes nachgelassene Werke, Bd. I» 1834 in Bonn, herausgegeben von seinem Sohn, I. H. Fichte.

Dies heisst mit anderen Worten: solange wir nicht die Fähigkeit zu entwickeln vermögen, trinärlogisch zu denken, werden wir Gegebenheiten ausserhalb der binärlogischen Welt nicht verstehen können.

Damit ist ersichtlich, dass wir die Inhalte, welche vor über hundert Jahren die Quantentheorie und die spezielle Relativitätstheorie zu erfassen versuchte - ausdrücklich bedingt durch den allgemeinen Entwicklungsrückstand (und nicht auf Grund individueller Mängel) -, uns nicht vorstellen können. (Der amerikanische Quantenphysiker Richard Feynman, der 1965 den Nobelpreis für seine Arbeit zur Quantenelektrodynamik erhielt, schrieb:

«Es gab eine Zeit, als Zeitungen schrieben, nur zwölf Menschen verstünden die Relativitätstheorie. Ich glaube nicht, dass es jemals eine solche Zeit gab. Auf der anderen Seite denke ich, es ist sicher zu sagen, dass niemand die Quantenmechanik versteht.»
Richard Feynman, The Character of Physical Law, Kapitel 6.)

Gleichzeitig weist ihr Auftreten in der Denkweise der Forscher darauf hin, dass wir die neueren Phänomene der Physik - und damit faktisch auch aller anderen Wissenschaften - binärlogisch nicht mehr verstehen können. Die wissenschaftliche Entwicklung, und damit die Menschheitsentwicklung, bleibt daher inhaltlich so lange an dieser Stelle stehen, bis wir die ausstehende Fähigkeit des trinärlogischen Denkens entwickelt haben.

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[1] Diese Forderung wird in der Erkenntnistheorie als naiver Realismus bezeichnet. Eine Wissenschaft, die sich nicht auf den naiven Realismus abstützt, also eine in sich selbst geschlossene respektive einzig durch Mathematik gestützte Wissenschaft, ist bloss Selbstzweck und im Sinne der Aufgabe der Wissenschaft, Wissen zu bilden, sinnlos. (Siehe dazu auch den Abschnitt «Der Entwicklungsrückstand».) Zur erkenntnistheoretischen Ausführung dieser Aussage siehe Rudolf Steiner: Wahrheit und Wissenschaft, Seite 48 ff., respektive Kap. III, Abs. 10 ff.

[2] Für Mathematiker: Die trinäre Logik darf nicht verwechselt oder gleichgesetzt werden mit der ternären Logik. Logik ist die Struktur der Vorgehensweise, bezüglich der je äusserst möglichen Frage eine Antwort zu finden. Die ternäre Logik beinhaltet die Antworten «ja», «nein», «unbestimmt». Die letztere Antwort ist jedoch keine Antwort, sondern eine Scheinantwort, durch die, sozusagen auf einer höheren Stufe, eine neue Frage eröffnet wird, die die beiden bisherigen Antworten «ja» und «nein» ausschliesst. Damit ist die ternäre Logik bloss eine zweistufige binäre Logik. Siehe auch unter «Mehrwertige Logik» z. B. im Wörterbuch der Philosophischen Begriffe des Meiner Verlags.

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A 4. Neue Forschungsgebiete

Einer alten Sprachregelung zufolge werden all diejenigen Phänomene, die durch die menschlichen Sinne nicht unmittelbar erfasst werden können, als zu einer ausser- oder übersinnlichen oder höheren «Welt» gehörend bezeichnet. Solche Phänomene existieren in allen Fachgebieten und bezüglich aller Lebenslagen des Menschen. Sie sind insofern von Bedeutung, als die unmittelbar wahrnehmbaren Phänomene nicht aus sich selbst funktionieren, d. h. dass sie zumindest eine übersinnliche «Vorgeschichte» haben. So ist z. B. die Urknall-Schöpfung eine Verlegenheitslösung, die nur solange wackeligen Bestand hat, wie die übersinnlichen Urgründe von Mensch und Welt noch nicht erkannt sind.

Dies aber heisst, dass wir vergleichsweise nichts wissen. Der Mensch hat heute normalerweise nicht die Fähigkeit ausgebildet, in verlässlicher und willentlich wiederholbarer Weise Einblick in diese aussersinnliche Welt zu bekommen. Um diese «Welt» zu erfassen, braucht es neue Fähigkeiten.

Der Mensch benötigt die Fähigkeiten des Einblicks in weitergehende Seinsbelange (terminus technicus: höhere Welten) und die Fähigkeit des intellektuellen Erfassens dieser Gegebenheiten nicht vornehmlich zum Zweck der Wissensmehrung - die ihrerseits sowohl umstritten ist als auch keine ausreichende Begründung hat -, sondern vielmehr deshalb, weil er das Erlebnis der Entwicklung, zumindest jedoch der Entwicklungsmöglichkeit, braucht. Diese erweist sich als die entscheidende Vorbedingung dafür, um einen Sinn des Lebens bilden oder erfassen oder wenigstens erahnen zu können. Dies ist heute jedoch in der erforderlichen Qualität nicht mehr möglich, weil in der sinnlichen Welt die Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. (Vermutlich waren die Entdeckung der Röntgenstrahlen 1895 und der Radioaktivität 1896 die letzten grundlegend neuen Erkenntnisse der herkömmlichen Naturwissenschaft.)

Entwicklung heisst Autonomie gewinnen – und nur aus der steten Zunahme an Autonomie wird der moderne Mensch noch einen Sinn des Lebens ableiten können. Je weiter der Mensch bereits entwickelt ist, desto deutlicher nimmt er wahr, wie er auch heute noch von undurchschaubaren Gegebenheiten – der Natur oder des Schicksals – abhängig ist. Diese Gegebenheiten sind jedoch durch eine binäre Logik nicht zu erfassen.
(Hierin liegt der Grund dafür, dass, bereits seit Planck, die in der theoretischen Physik vertretenen Ansichten fast nur noch aus Mathematik bestehen, denn mit dieser sind formal höhere Logiken möglich. Das Problem dabei ist allerdings, dass sich der Mensch von den so gefassten hypothetischen Inhalten keine unmittelbaren Vorstellungen mehr bilden kann; deshalb bleiben sie Hypothesen.)
Der Mensch muss daher ein Vorstellungs-, d. h. ein Denkvermögen, entwickeln, das Sachverhalte, die über der herkömmlichen Logik stehen, exakt erfassen kann. Da nun aber solche höherwertigen Sachverhalte vorerst aus herkömmlicher (binärer) Sicht «unlogisch», also schlicht falsch sind, lehnen wir sie einfach ab respektive fassen sie verlegenheitshalber in eine mathematische Formel.
Sowohl die binärlogische Verneinung als auch die bloss mathematische Formulierung eines vorstellungsmässig nicht fassbaren Umstandes sind jedoch nicht nur das Gegenteil einer sachgerechten Erfassung, sondern verhindern vielmehr - in ihrer Funktion als angebliche Antwort - die weitere Suche nach der richtigen Antwort.
In beiden Fällen versperren wir uns damit sogleich die allmähliche Bildung der Fähigkeit der unmittelbaren Vorstellung. Nur die letztere bedeutet jedoch eine Zunahme der Autonomie des Menschen diesen Gegebenheiten gegenüber – also Entwicklung.

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A 5. Anbieten statt verbieten

Die den menschlichen Bedürfnissen nicht genügend gerecht werdende, von der wettbewerbsbasierten Wirtschaftsordnung geprägte Gesellschaftsform bringt es mit sich, dass Menschen Tätigkeiten vornehmen, die nicht mit der Idee einer wirklich modernen Gesellschaft übereinstimmen. So konsumieren sie z. B. Drogen, um der entwicklungsgeschichtlich zurückgebliebenen Realität zu entfliehen, oder sie versuchen mit Geschick oder List, viel mehr Geld zu verdienen als sie gebrauchen können, weil sie sich davon unbewusst versprechen, durch die schiere Menge an Geld irgendwie einen Zugang zu einer sinnvolleren Welt zu erlangen.
Beide Massnahmen ändern jedoch erstens nichts an der Zurückgebliebenheit der Gesellschaftsentwicklung und haben zudem zweitens negative Auswirkungen auf die Gesellschaft, welche sie daher zu verhindern versucht. Das übliche Mittel hierzu ist das Verbot. Da jedoch auch Verbote die Zurückgebliebenheit der Gesellschaft nicht beseitigen, entsprechen sie nicht den gebotenen Erfordernissen. Verbote haben einzig dann eine gewisse fürsorgerische Berechtigung, wenn Menschen nicht ausreichend fähig sind, das Ausmass ihres Tuns zu erfassen. Daneben müssen nun jedoch die eigentlichen Hintergründe der misslichen Tätigkeiten gefunden und allenfalls beseitigt oder verändert werden, denn eine mündige Gesellschaft wird mit Verboten einzig ihre Entwicklung behindern.
Die Lösung liegt auch hier in der Bereitstellung der äusseren Bedingungen, d. h. einer wettbewerbsfreien Wirtschaftsordnung mit einem Volleinkommen, damit der Mensch sich weiterentwickeln kann.

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A 6. Zum Wettbewerb

Der Wettbewerb ist in äusserlicher Hinsicht eine Auseinandersetzung um Ansehen oder Macht oder Güter oder Geld. Der Gewinner hat mehr davon, der oder die Verlierer weniger. Der Wirtschaftswettbewerb hat allerdings auch eine praktische Seite. Er übt einen Druck dahingehend aus, mit demselben Aufwand immer mehr Güter oder immer bessere Güter herzustellen. Dadurch entstand in der Vergangenheit Wohlstand, und die Lebenserwartung stieg signifikant an.

In wirtschaftlicher und auch in technischer Hinsicht ist in hochentwickelten Ländern jedoch mittlerweile ein Entwicklungsstand erreicht, der nicht mehr wesentlich erhöht oder verbessert werden kann. Dieser Stand ist bereits so hoch, dass sich neue Güter kaum mehr von bisherigen unterscheiden. Ohne intensive Werbung lassen sich diese daher selten verkaufen - bei Medikamenten ist z. B. der Aufwand für die Vermarktung teilweise bereits grösser als der für ihre Entwicklung. Die einstige äussere Sinnhaftigkeit des Wirtschaftswettbewerbs kippt nun ins Absurde. Deshalb soll und kann er jetzt aus der Gesellschaft entfernt werden.

Wettbewerbliche Auseinandersetzungen führen in der allgemeinen Wahrnehmung zu dem Eindruck, dass der eine Mensch «besser» sei als viele oder alle anderen. Ein höherer Sinn ist darin aber nicht auszumachen. Gerade dort, wo der Wettbewerb in Reinstkultur lebt, im Sport, ist es am augenfälligsten, dass der Sieger ausser Ruhm und vielleicht Geld nichts gewonnen hat; nichts, das ihn in spezifisch menschlicher Hinsicht vorwärts bringt. (Wer einwendet, damit könne z. B. Disziplin erlangt werden, bedenke, dass Disziplin ein Werkzeug und kein Inhalt ist.)

Menschenkundlich ist der Wettbewerb ein Mittel der gegenseitigen Abgrenzung. In einer direkten Demokratie darf diese allerdings nicht zu weit getrieben werden, denn sonst werden Kompromisslösungen – ein wesentliches Element der politischen Stabilität einer direkten Demokratie – unmöglich. Derzeit ist die Abgrenzung jedoch bereits so weit fortgeschritten, dass ein gewisses gegenseitiges Verständnis ohne Vermittlung (Mediation) oft nicht mehr selbstverständlich ist.

Der von der Öffentlichkeit unbemerkte Zweck der Eingliederung des Wettbewerbs in die Gesetzmässigkeiten der Marktwirtschaft vor rund zweihundertfünfzig Jahren bestand darin, den Menschen durch die Abgrenzungswirkung zum Bewusstsein seiner selbst zu bringen und ihn dadurch aus der Blutsgebundenheit der Sippe herauszulösen – er wurde Individuum. Die zur gleichen Zeit eingeführte Arbeitsteilung ermöglichte die berechenbare individuelle Entlöhnung, welche für den Einzelnen die äussere wirtschaftliche Basis für die Ablösung von der Sippe bedeutete.

In Mitteleuropa ist dieser Prozess heute abgeschlossen. Deshalb kann und soll der Wettbewerb aus dem individuellen Entwicklungsweg des Menschen ausgeschlossen werden. Wenn er weiterwirkt, wird er den Menschen in den reinen Egoismus hineintreiben.

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B - Die Wirtschaft

Im Zusammenhang mit dem hier skizzierten neuen Volkswirtschaftssystem sind einige Ausführungen zum bestehenden Wirtschaftssystem und anschliessend zum bestehenden Geldsystem nötig, weil die Bedeutung bestimmter Eigenheiten des neuen Wirtschaftssystems nur vor dem Hintergrund der bestehenden alten Ordnung erkennbar wird. Einige Aussagen zum neuen System könnten als irreal empfunden werden, wenn nicht genügend beachtet oder gewusst wird, dass die Realität des alten Systems darin besteht, gewisse Sachverhalte schlicht auszuklammern, weil es dazu nichts sagen kann. Hierzu gehören zum Beispiel die Hintergründe, die zu Finanzkrisen führen und die konkreten Massnahmen, die eine Verhütung von Finanzkrisen bewirken könnten. Ausgeklammert sind ebenfalls die Hintergründe dessen, warum sich im gegenwärtigen Wirtschaftssystem trotz aller politischen Gegenmassnahmen stark ungleiche Wohlstandsverhältnisse bilden.

Wie bereits im Kapitel Grundlagen näher ausgeführt wurde, wird die Denkfähigkeit des Menschen nur weiterentwickelt werden können, wenn zuerst der Wirtschaftswettbewerb überwunden wird. Eine völlige Neufassung des Wirtschaftssystems wird jedoch vielfach als unmöglich erachtet. Zudem ist der Glaube stark verbreitet, grundlegende Verbesserungen gesellschaftlicher Verhältnisse seien viel leichter und schneller durch einige einfache Veränderungen des Geldsystems statt des viel komplexeren Wirtschaftssystems zu erreichen.
Beide Positionen sind jedoch nur Folgen eines ungenügenden Wissens um die im Wirtschafts- wie die im untergeordneten Geldsystem verlaufenden Prozesse und ihrer jeweiligen gesellschaftlichen Folgen.

Die Aufgabe der Wirtschaft war es bisher, fortwährend immer mehr Güter zu produzieren. Da die Versorgung der Konsumenten mit Gütern bis vor wenigen Jahrzehnten tatsächlich immer zu knapp war, ist die Volkswirtschaftslehre bis heute von dem Gedanken geprägt, wie die natürlichen und die politischen Bedingungen der Unternehmen sowie die Mechanismen innerhalb der Volkswirtschaft zu gestalten sind, damit die Güterproduktionsmenge möglichst von Jahr zu Jahr wächst.
Da dieses Anliegen seit Menschengedenken selbstverständlich war, erkennt die Volkswirtschaftslehre heute erst nur sehr zögerlich, dass jetzt dringend von der Mengenausweitung (siehe dazu die Ausführungen hier) - dem besonders von Politikern oft beschworenen Wirtschaftswachstum - wegzukommen ist und stattdessen entschieden Überlegungen zur Steuerung der Produktionsmenge vorzunehmen sind. (Würden diese Überlegungen vorgenommen, stellte sich rasch die Erkenntnis ein, dass dies vorerst nur mit der hier von der Gesellschaft Denken und Wissen vertretenen neuen Wirtschaftsordnung befriedigend möglich ist.)

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B 1. Grenzen der Marktwirtschaft

Die Marktwirtschaft ist die seit rund zweihundert Jahren übliche Wirtschaftsordnung der fortgeschrittenen Länder. Die Marktwirtschaft hat einen ideellen und einen praktischen Kern. Ersterer ist der Wettbewerb, letzterer sind die Arbeitsteilung und die individuelle Entlöhnung. Die Wirtschaftsordnung, die sich aus diesen Umständen ergeben hat, ist dem in ihr, der Marktwirtschaft, sozialisierten Menschen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sie als etwas weitgehend Natürliches und damit Unveränderliches erachtet.
Während die Wettbewerbsbasierung der Marktwirtschaft zu einem erwünschten wirtschaftlichen Wohlstand geführt hat, zeigt eine tiefergehende Auseinandersetzung mit ihr, dass sie vor allem eine menschheitsgeschichtliche Bedeutung hatte. Wenn auch letztere weder deklariert noch dokumentiert ist, wird es sich in der Folge zeigen, dass sich wesentliche wirtschaftlich-gesellschaftliche Probleme der Gegenwart, so die Arbeitslosigkeit, die Überproduktion oder die die Gesellschaft mental wie finanziell belastenden stark unterschiedlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nur allseitig befriedigend lösen lassen, wenn der menschheitsgeschichtliche Aspekt der Wettbewerbsbasierung der Wirtschaft verstanden wird.

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B 2. Der menschheitsgeschichtliche Aspekt der Wettbewerbs

Der in das Wirtschaftssystem eingebaute Wettbewerb hat bewirkt, dass der Mensch erstmals nicht mehr nach seiner Herkunft und Abstammung, sondern nach seiner ureigenen Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit beurteilt wurde. Die mit der Marktwirtschaft einhergehende individuelle Entlöhnung ermöglichte zudem, dass jeder einzelne Arbeitstätige fortwährend unmittelbar selbst und in einer für ihn berechenbaren Weise Geld erhielt und dadurch (prinzipiell) wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangen konnte. Dies war vorher in der blutsgebundenen Sippe (Grossfamilie) nicht gegeben, denn der Einzelne war in jeder Hinsicht bloss unselbständiger Teil eines grösseren Ganzen. Der Wettbewerb und die individuelle Entlöhnung waren damit zugleich äusserer Antrieb wie auch notwendiges äusseres Hilfsmittel dafür, dass sich der Mensch zum Individuum entwickeln konnte.

Der durch die Wettbewerbswirtschaft herbeigeführte Entwicklungsschritt vom Sippenangehörigen zum Individuum ist in Mitteleuropa heute vollzogen. In menschheitsgeschichtlicher Hinsicht ist daher der in der Marktwirtschaft wirkende Wettbewerb nicht nur nicht mehr nötig, sondern zunehmend schädlich, da er jetzt nur noch zu reinem Egoismus antreibt. Da mit der zunehmenden Sättigung der Märkte der ökonomische Zweck der Wettbewerbswirtschaft, die fortwährende Produktionsausweitung, ebenfalls wegfällt, dafür jedoch die mit ihr verbundenen misslichen Nebenwirkungen entwicklungsgeschichtlicher, ökonomischer und ökologischer Art immer deutlicher und schädlicher werden, muss und kann die wettbewerbsbasierte Marktwirtschaft durch ein geeigneteres Wirtschaftssystem ersetzt werden.

Weitere Ausführungen zum menschheitsgeschichtlichen Aspekt des Geld- und Wirtschaftssystems finden sich im Kapitel Das Geldsystem.

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B 3. Die Sättigung der Märkte

Seit Menschengedenken war das zentrale Merkmal und Ärgernis der Güterproduktion, dass sie stets viel zu klein war. Menschen verhungerten immer wieder oder darbten zumindest. Der englische Ökonom Malthus kam 1798 (in «An essay on the principles of population», dt. «Das Bevölkerungsgesetz», München 1977) zu dem Schluss, dass ein Teil der Bevölkerung unausweichlich hungern und verhungern müsse, weil die Zunahme der Bevölkerung grösser sei als die Zunahme der Nahrungsmittelproduktion. Malthus irrte.
Jetzt, zweihundert Jahre später, ist das Güterproduktionsvermögen der Wirtschaft so gross, dass mehr hergestellt werden kann als verbraucht wird; die Märkte sind gesättigt. Die Menge an Gütern, die der mitteleuropäische Mensch heute fortwährend verbraucht, wird nicht mehr (wesentlich) grösser werden, denn er hat alles, was er braucht.
Die Existenz der sogenannten Neuroökonomie beweist, dass die Endverbraucher mit immer grösserem und raffinierterem Aufwand regelrecht übertölpelt werden müssen, damit sie mehr Güter kaufen als von ihnen vorgesehen oder benötigt.

Was scheinbar nur erfreulich sein kann, fördert jetzt, wie schon gesagt, die Schwierigkeit zu Tage: dass die Produktionsmenge einer Wettbewerbswirtschaft nicht gesteuert werden kann – d. h. Wirtschaftswettbewerb und Sättigung der Märkte schliessen sich aus.
Zwar wird der gesunde Menschenverstand sagen, dass nur so viel produziert werden solle wie nötig – in einem Wettbewerbssystem ist dies jedoch nicht möglich. Der Wirtschaftswettbewerb ist ein Werkzeug, welches (in positiver Hinsicht) ausschliesslich bewirkt, dass das Produktionsvolumen erhöht und der Produktionsaufwand vermindert wird. Er ist ein Spezialwerkzeug zur Ausweitung der Produktion.
(Unter Mengenausweitung sind auch diejenigen Produktentwicklungen zu verstehen, die sich als Fortsetzung von anderen Produkten verstehen und diese ersetzen. Die in der Regel damit verbundenen Qualitätsverbesserungen erfolgen nämlich nicht aus grundsätzlichen Qualitätsüberlegungen heraus, sondern um im wettbewerblichen Konkurrenzkampf bestehen zu können und nicht allenfalls existenzielle Marktanteile zu verlieren.)
Sobald jedoch die nötige Gütermenge erreicht ist, müsste dieses Spezialwerkzeug, der Wirtschaftswettbewerb, aus den ökonomischen Zusammenhängen entfernt werden. Dies ist jedoch nicht möglich, solange die Wirtschaft nach einem System funktioniert, dessen Kern (nebst der Arbeitsteilung) ausdrücklich der Wettbewerb ist.

Der Wettbewerb hat keine natürlichen Grenzen – er geht immer weiter. Künstlich kann er weder befriedigend – d. h. bezüglich Menge, Güte, Kosten und zeitlicher Verfügbarkeit sowie material- und energiesparender Herstellungsweise der Produkte – noch folgenlos – d. h. bezüglich Arbeitsplatzsicherheit und schierer Existenz der Unternehmen – geregelt werden.

Da ein Wirtschaftsunternehmen in einem Wettbewerbssystem keine Einkommenssicherheit besitzt, versucht es notgedrungen, immer etwas mehr zu produzieren und zu verdienen, als zum reinen Erhalt der Firma nötig wäre, damit ein allfälliger Rückschlag nicht gleich seine Existenz in Frage stellt. Zudem verlangen auch die Eigentümer (Aktionäre) und Geschäftsführer von ihren Firmen immer höhere Umsätze, weil dies oft der einzige ihnen verbliebene Lebensbereich ist, in dem noch Entwicklung möglich ist – auch wenn hier nur quantitative Ausweitung stattfindet und keine wirkliche (qualitative) Entwicklung.
Da nun einzelne Unternehmen mit List und bloss scheinbaren Neuerungen doch immer noch mehr Güter verkaufen, können deshalb andere Unternehmen, der äusseren Begrenzung der gesättigten Märkte wegen, immer weniger verkaufen und gehen in Konkurs. Der Wirtschaftswettbewerb führt heute so zur Kannibalisierung der Wirtschaft.

Solange für Unternehmen und Arbeitstätige keine Einkommensgarantie besteht, sind beide unausweichlich dem Wettbewerb unterworfen. Er drängt sie (bei gesättigten Märkten) dazu, Güter herzustellen, die eigentlich niemand braucht, um sie dann mit Hilfe eines entsprechend grossen Werbeaufwands trotzdem zu verkaufen. Die Werbung ist jedoch eine Massnahme, die in volkswirtschaftlicher Hinsicht den Gesamtwohlstand vermindert, da zu ihrer Durchführung bereits erarbeitete wirtschaftliche Werte wie Energie und Material verbraucht werden, ohne damit einen Zusatzwohlstand zu erzeugen. Gesättigte Märkte und Wettbewerb sind daher ein unvereinbarer Gegensatz, der den Wohlstand unnötig reduziert.

Gesundheitsschädigung

Durch das Zusammentreffen von Wirtschaftswettbewerb und zunehmend gesättigten Gütermärkten wird nun auch in immer grösserem Ausmass die Gesundheit nicht nur der Arbeitstätigen, sondern der ganzen Bevölkerung geschädigt.

Für den Arbeitstätigen liegt die Beeinträchtigung der Gesundheit, in Form einer psychischen Belastung, vor allem darin, dass unter den Bedingungen gesättigter Märkte und steigendem Wettbewerbsdruck immer mehr Arbeiten nur noch gemacht werden (müssen), um betriebsbezogen Umsätze zu erhalten oder gar zu erhöhen. Wenn der notwendige Umsatz jedoch nur noch mittels intensiver Werbung erzielt werden kann, weiss der Arbeitstätige, dass für seine Arbeit keine echte Nachfrage besteht. Er arbeitet dann notgedrungen, was ihm zum Teil sogar vorgeworfen wird, nur noch seines individuellen Einkommens wegen. Dies jedoch macht krank.
In vielen Fällen tritt das Krankmachende der Arbeitstätigkeit sogar dann ein, wenn eine Arbeit eigentlich sinnvoll und das hergestellte Produkt begehrt ist, so z. B. bei der Medizinaltechnik. Hier liegt das Problem darin, dass der Erwerbsarbeitende fortwährend hoffen muss, dass immer genügend Menschen krank werden oder verunfallen, damit die Nachfrage nach diesen Produkten nicht zurückgeht und er zu genügend Einkommen kommt. Mit einem einheitlichen freien Volleinkommen hingegen könnte der Arbeitstätige ehrlich hoffen und sich auch dafür einsetzen, dass seine Produkte tatsächlich niemand mehr benötigt.

Konsumenten wiederum, die oft zumindest finanziell in gewisser Weise vom Druck des Wirtschaftswettbewerbs auf die Güterpreise profitieren, sind sich einerseits dessen bewusst, dass dieser Profit zu Lasten schlechter bezahlter Arbeitstätiger geht, und andererseits leiden auch sie immer mehr unter der Werbung, da der psychische Aufwand immer grösser wird, sich gegenüber der aggressiver werdenden und keinen Lebensbereich mehr auslassenden Werbung abzugrenzen; Kinder werden z. T. mit Werbegeschenken in einer Weise richtiggehend geködert, dass sich die Eltern oft kaum dagegen wehren können.

Von Ausnahmen abgesehen liegt das eigentliche Problem jedoch nicht bei den Wirtschaftsunternehmen selbst, denn es ist weder deren Absicht, entgegen ökologischer und ökonomischer Vernunft zu handeln noch Menschen krank zu machen. Tatsächlich ist es das den Unternehmen übergeordnete Volkswirtschaftssystem, das oft zu unsinnigem Verhalten drängt, denn das System bietet keine Sicherheit, zu genügend Einkommen zu gelangen, was aber für Unternehmen schlicht überlebenswichtig ist. In gesättigten Märkten sind es oft auch gar nicht mehr die Unternehmer, die dem Wettbewerb huldigen – es sind vielmehr die Politiker, die das Heil respektive die Lösung vieler ökonomischer Probleme immer noch im Wettbewerb sehen.
Den Unternehmen wird nun zunehmend bewusst, dass sie überbetrieblich planen müssten, d. h. dass sie sich bezüglich Sortiment, Preisen und Regionen absprechen müssten, wenn sie den geforderten Ansprüchen nach Qualität, Liefersicherheit und günstigen Preisen gerecht werden sollen. Die Politik verbietet solche Absprachen jedoch. Der einstmals wirtschaftlich sinnvolle Wettbewerb ist nun durch die Sättigung der Märkte kontraproduktiv geworden. Deshalb muss ein den Wettbewerb ausschliessendes neues Wirtschaftssystem entwickelt werden.

Wie im gleich folgenden Absatz Die Roboterisierung zu sehen ist, steht uns das über eine blosse Sättigung der Märkte hinausgehende, wirklich grosse Produktionssteigerungsvermögen jedoch noch bevor. Denn weite Teile der Arbeit werden in absehbarer Zeit von Robotern übernommen. Daraus ergibt sich unweigerlich die Forderung, ein Wirtschaftssystem zu entwickeln und einzuführen, das eine Produktionsmengensteuerung zulässt und zugleich den Bürgern ein sicheres Einkommen verschafft; es ist Das neue Wirtschaftssystem

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B 4. Die Roboterisierung

Seit gut zweihundert Jahren können dank der Entwicklung von Produktionsmaschinen immer mehr Güter hergestellt werden. Diese Maschinen erleichtern zunehmend die Arbeitstätigkeit – bis dahin, die Arbeitsplätze ganz zu ersetzen.
Heute nehmen Maschinen dem Menschen bereits eine ganze Reihe unterschiedlichster Arbeiten ab. So gibt es bei Swatch in Boncourt eine Maschinenanlage, die mechanische Uhren völlig selbständig herstellt, kontrolliert und verpackt. Sie läuft 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche (siehe NZZ vom 20.11.2014). Derzeit sind Roboter u. a. für den Hausbau, den Bergbau, als Feuerwehrleute, für die Kranken- und Altenpflege sowie für die Lebensmittelverarbeitung in Entwicklung - und teilweise auch bereits in Gebrauch. Es ist absehbar, dass bald Roboter mit in mechanischer Hinsicht menschenähnlichen Fähigkeiten auf den Markt kommen, die die üblichen Arbeiten eines Privathaushalts selbständig erledigen.

Wenn bisher Produktionsmaschinen Arbeitsplätze vernichteten, entstanden in anderen Arbeitsbereichen neue. Dies ist jetzt erstmals anders. Da Roboter immer universeller einsetzbar werden, werden sie auch viele der allenfalls noch entstehenden neuen Arbeiten übernehmen. Damit werden nun Arbeitsplätze per Saldo definitiv verschwinden.

Während Ingenieure und auch Betriebswirtschafter den Einsatz von Robotern abzuschätzen vermögen respektive ihn bereits erfahren – in der deutschen Autoindustrie kostet eine Roboterstunde heute 3 bis 6 Euro, eine Arbeiterstunde hingegen 35 bis 40 Euro –, sind die Unternehmer noch sehr zurückhaltend mit Prognosen. Sie sind sich ihrer eigenen Ratlosigkeit bezüglich der misslichen gesellschaftlichen Auswirkungen bewusst - führen die Arbeitsplatzverluste doch dazu, dass die freigestellten Arbeiter auch Konsumenten sind, denen nun das nötige Geld fehlt, um die von Robotern produzierten Güter zu kaufen. Ökonomen hingegen haben noch nicht einmal bemerkt, dass sich auf ihrem ureigenen Fachgebiet ein Problem zusammenbraut, welches sich weder von selbst noch auf der Basis herkömmlicher ökonomischer Theorien lösen lässt.

Derzeit besteht noch weitherum die stille Hoffnung, dass Roboter doch nicht alles können werden und somit immer noch genügend Arbeitsstellen z. B. in der Medizin oder der Pädagogik bestehen bleiben. Dies sind jedoch Illusionen, welche nur auf dem fehlenden Wissen bezüglich des Standes und des Entwicklungspotenzials von Robotern beruhen. Die Frage ist übermächtig, wie sich unter diesen Umständen ein Volk ernähren, d. h. von der technischen Entwicklung profitieren kann und sich nicht Prekariate, d. h. riesige Armutskasten, bilden.

Wer diesen Sachverhalt erfasst, sieht sogleich, dass nur ein Volleinkommen, ein von allen Bedingungen losgelöstes volles Einkommen, die Lösung sein kann, und dass diese Lösung wiederum nur die eine Seite eines völlig neuen Wirtschaftssystems ist, das den Wettbewerb vollständig ausschliesst und die Produktion gemäss assoziativer Absprachen ausführt.

Der allfällige Einwand, ein Einkommen könne immer nur aus erfolgter Arbeitstätigkeit des Menschen stammen, geht insofern ins Leere, als in arbeitsteiligen Wirtschaftsformen ein Arbeitseinkommen immer nur die Aufgabe hat, die Verteilung der produzierten Güter zu regeln, ungeachtet dessen, ob diese Güter durch arbeitstätige Bürger oder Sklaven oder Roboter oder per Wunder geschaffen wurden.

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C - Das Geldsystem

Wie schon zu Beginn des Kapitels Die Wirtschaft gesagt wurde, sind die folgenden Ausführungen zum Geldsystem respektive zu den konkreten Geldsystemprozessen deshalb erforderlich, weil erst vor ihrem Hintergrund wichtige Eigenheiten des neuen Wirtschaftssystems klar erkennbar werden.

Die dem Geldsystem zugrunde liegende Geldtheorie ist eine hochkomplexe und für die Volkswirtschaftslehre derzeit nicht befriedigend darstellbare Angelegenheit - d. h. das Geldsystem beinhaltet eine Komplexität, die das heutige Denkvermögen übersteigt.

Der Ökonomieprofessor Ulrich van Suntum schreibt diesbezüglich im Jahr 2013 in seinem Buch «Die unsichtbare Hand. Ökonomisches Denken gestern und heute» (Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 5. Aufl. 2013, im Kapitel «Das Mysterium von Kapital und Zinsen» auf Seite 83):

«Wir können hier die Diskussion dieser Fragen [zur Geldtheorie] nicht weiter fortführen. Die besten Ökonomen aller Zeiten haben sich damit beschäftigt [...]. Eine wirklich befriedigende Kapital- und Zinstheorie ist dennoch nicht dabei herausgekommen; sie harrt noch immer des künftigen Nobelpreisträgers, der sie einst entwickeln wird.»

Die Problematik bezieht sich jedoch nicht wirklich auf die Aspekte Kapital und Zins, sondern auf das Phänomen Geld insgesamt.

In einem ähnlichen Sinn schrieb Ludwig von Mises (1881-1973) im Vorwort seiner Habilitationsschrift, die 1912 unter dem Titel «Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel» im Verlag Dunker & Humblot in Berlin als Buch erschien:

«Die Geldliteratur ist ins ungemessene gewachsen. [...] Nichtsdestoweniger ist das Geldproblem bis in die jüngste Zeit eines der dunkelsten Kapitel der Volkswirtschaftslehre geblieben.»

Die beiden Hinweise auf von Mises 1912 und van Suntum 2013 zeigen, dass sich über hundert Jahre hinweg nichts am eingestandenen Unwissen der anerkannten Wissenschaft über das Geld geändert hat.

Die Wissenschaft kann die historische Entstehung des Geldsystems nicht erklären. Sie kann auch nicht erklären, wie es möglich sein konnte, vor langer Zeit ein künstliches System zu installieren, dessen Komplexität heute niemand mehr durchschaut. Dies aber heisst, dass ehemals offenbar eine das Geldsystem denkende (sehr) hohe Intelligenz vorhanden gewesen sein muss.
Da sich das Geldsystem ökonomisch nicht erklären lässt, es jedoch zweifellos dem Menschen ermöglicht hat, einen einmaligen Entwicklungsschritt zu machen, sei hiermit die Hypothese gesetzt, das Geldsystem sei - wie oben schon gesagt - nicht aus ökonomischen Gründen, sondern vielmehr aus menschheitlich entwicklungsspezifischen Gründen eingeführt worden: nämlich um die Entwicklung des Menschen vom Sippenangehörigen zum Individuum sowohl anzutreiben als auch zugleich äusserlich (wirtschaftlich) zu ermöglichen. Die Frage nach der Identität der damaligen intelligenten Individualität/en soll allerdings aus pragmatischen Gründen vorerst nicht verfolgt werden.

Unmittelbar zu erkennen ist, dass das Geldsystem dem Menschen einerseits die Fähigkeit abverlangt, reale Gütermengen in abstrakten Geldwerten zu erfassen und auf Grund von Geldwerten wiederum auf bestimmte Mengen ganz anderer realer Güter zu schliessen. Andererseits ist diese menschliche Fähigkeit, das Abstraktionsvermögen, nicht bereits durch die Natur gegeben, sondern muss mehr oder weniger mühsam erworben werden. Damit hat die Einführung eines Geldsystems die Ausbildung des menschlichen Abstraktionsvermögens erzwungen, wie gleich ausgeführt wird. (Die Geschichte zeigt, dass erstens der Mensch neue Fähigkeiten immer als Reaktion auf bestimmte Situationen ausgebildet hat, und zweitens, dass bezüglich des Abstraktionsvermögens in historischer Hinsicht keine andere vergleichbare Anspruchssituation zu erkennen ist.)

Das Geldsystem ist vermutlich das zeitlich erste Abstraktum in der Geschichte der Menschheit. Es gibt es weder in der Natur noch kann es aus dieser abgeleitet werden. Wenn weiter, von einer anderen Seite her gesehen, der Mensch in dem Mass als Mensch gilt, wie er die Natur, d. h. seine Abhängigkeit von natürlichen Prozessen, überwindet, war das Geldsystem das erste Hilfsmittel im Hinblick auf dieses Unabhängigkeitsstreben. Bezeichnenderweise hatten zuerst auch nur weiterentwickelte Menschen mit Geld zu tun, denn sie mussten rechnen können, was lange Zeit keineswegs üblich war. Erst die Einführung der allgemeinen Volksschule vor etwas mehr als zweihundert Jahren erlaubte eine breite Verwendung von Geld. (Über die 1743 geborene Mutter des grossen Mathematikers Carl Friedrich Gauss weiss man z. B., dass sie zwar etwas lesen, jedoch weder schreiben noch rechnen konnte. Sie war vermutlich keine grosse Ausnahme.)

Wenn es auch heute (noch) nicht üblich ist in Betracht zu ziehen, dass vor langer Zeit bewusst Massnahmen eingeleitet wurden im Hinblick darauf, dass daraus hervorgehend viele Jahrhunderte später die Menschheit einen bestimmten Entwicklungsschritt vornimmt, ist dies allemal zielführender, als an «natürliche» Entwicklung, eine Anhäufung von günstigen Zufällen oder gleich an Wunder zu glauben. (Der Skeptiker möge diese Darstellung, zumindest vorerst, als Hypothese nehmen.) Die zweifellos das Leben erleichternde ökonomische Seite des Geldgebrauchs, d. h. die Steigerung des Wohlstands durch die nun auf einfache Weise durchzuführende Arbeitsteilung sowie die zinsbedingte Produktionssteigerung, ist damit nur der die Hauptsache verhüllende Mantel, denn der geschützt in der Sippe Lebende hätte nie der Absicht zugestimmt, Individuum zu werden. (Das Vorstellungsvermögen war nicht so weit entwickelt, um sich ein Leben als Individuum überhaupt vorstellen zu können.)

Der naheliegende Einwand, weder sei geschichtlich ein Mensch bekannt, der je solche langfristigen Massnahmen eingeleitet, noch sei es überhaupt denkbar, dass ein Mensch die dazu nötigen Fähigkeiten gehabt habe, stammt aus der shakespeareschen Schulweisheit. Es gibt Dinge in der Menschheitsentwicklung wie die Entstehung der Sprache und der Schrift oder die Zuordnung von Begriffen (Wörtern) zu Gegebenheiten (Dingen), die ihren Ausprägungen gemäss weder durch die Natur noch durch Zufall noch auf anderen bekannten Wegen haben zustande kommen können. Da Schrift, Sprache usw. nicht natürlich sind, aber doch existieren, müssen sie bewusst geschaffen worden sein.
Die Tatsache, dass diese nicht-natürlichen Dinge vorhanden sind und damit geschaffen worden sein müssen, sowie die Frage, wer sie geschaffen hat, müssen voneinander getrennt werden. Leicht ersichtlich wird nämlich der zweite Teil dieser Frage so lange nicht zu beantworten sein, wie eine hochbewusste Schöpfung der in Frage kommenden Tatsachen explizit oder implizit ausgeschlossen wird.
Wenn die weitergehenden Denkfähigkeiten des Menschen, deren Voraussetzung das hier skizzierte neue Wirtschaftssystem ist, erst einmal entwickelt sind, werden die wahren Sachverhalte vermutlich offensichtlich werden.

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C 1. Zur Geldtheorie

Die Wissenschaft scheitert derzeit noch an der Ausformulierung einer Geldtheorie, weil sie von der Ansicht ausgeht, Geld sei konzeptionell ein Hilfsmittel einer (prinzipiell) primitiven Tauschwirtschaft. Dies trifft jedoch nicht zu. Eine solche irrtümliche Ansicht bildet sich deshalb, weil der zur Erklärung führende Denkprozess von der quantitativ häufigsten Geldverwendung ausgeht, nämlich dem Handel - also dem (indirekten) Austausch von Gütern gleicher Wertigkeit. Jedoch darf nicht der Handel der Ausgangspunkt entsprechender Überlegungen sein. Es ist - in ökonomischer Hinsicht - vielmehr der auf eine gesamtgesellschaftliche Vergrösserung der Wertigkeit der Güter hinführende zinspflichtige Kapitaleinsatz, der als spezifische Neuerung in die Wirtschaftsprozesse hineingekommen ist - und der ohne ein Geldsystem kaum durchzuführen (gewesen) wäre. Der Zins ist nicht eine Geldfunktion, die sich im Lauf der Zeit aus letztlich unerfindlichen Gründen wie von selbst gebildet hat; der Zins ist vielmehr Grundbestandteil des Geldsystems.

Das Geldsystem ist weder aus dem Wirtschaftssystem hervorgegangen - was nicht zu verwechseln ist mit der Bildung der Kaufkraft des Geldes in der Wirtschaft, vgl. den Hinweis im Abschnitt Form und Inhalt des Geldes - noch ist es eine Ergänzung oder Erweiterung zu selbigem; es ist vielmehr eine von aussen - vom Menschen her - an das Wirtschaftssystem herangebrachte Lenkungseinrichtung. Mit anderen Worten: Die Ansicht der herkömmlichen Volkswirtschaftstheorie, Geld sei ein Hilfsmittel der Ökonomie, ist nicht berechtigt.

Sobald die Volkswirtschaftslehre beginnt, das Geldwesen vom Menschen anstatt vom Wirtschaftssystem aus zu betrachten und zu beurteilen, wird sie auch wirksame Lösungen aufzeigen können für Probleme, die sich aus der Geldverwendung ergeben.

Das Geldsystem ist ein (in Bezug auf Bargeld dezentrales) Buchhaltungssystem, das fortwährend verzeichnet und damit festhält, wer in welchem Umfang Anspruch auf den Bezug von Wertschöpfung hat. Im Fall von Bargeld ist der Kontenbestand unmittelbar durch die Menge und nominale Wertigkeit der sich physisch im Besitz des Geldeigners befindenden Geldzeichen (Münzen und Banknoten) festgehalten, während dies bei Buchgeld der gedruckte Auszug der kontenführenden Bank unter der Hierarchie der Zentralbank ist.

In ökonomischer Hinsicht hat Geld zwei Bedeutungen.
Erstens ist Geld (heute noch) der freischwebende Ausdruck des Verhältnisses zwischen den Arbeitsleistungen verschiedener Menschen; es hat keinen Referenzwert wie vergleichsweise der Meter oder das Kilogramm.
Zweitens ist Geld Ausdruck der anteiligen Bezugsberechtigung an der Gesamtproduktion einer Volkswirtschaft.


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C 2. Das Zahlungssystem

Nachfolgend wird kurz der Buchgeld-Zahlungsverkehr dargestellt, weil aus Unkenntnis desselben falsche Schlüsse bezüglich Geldschöpfung und Geldmenge gezogen werden.

Der nationale Buchgeld-Zahlungsverkehr wird von der Nationalbank (SNB) durchgeführt.

Zahlungsvorgänge mit Bargeld sind offensichtlich, d .h. klar nachvollziehbar: das Bargeld – Münzen und Banknoten – geht unmittelbar physisch vom Geldgeber (Zahlenden) zum Geldnehmer (Zahlungsempfänger) über.
Dem gegenüber sind jedoch die Zahlungsvorgänge mit Buchgeld nicht offensichtlich. Buchgeldzahlungen erfolgen von Geschäftsbank zu Geschäftsbank, d. h. der Bankkunde erteilt seiner Bank einen Zahlungsauftrag, und diese führt ihn aus. Dabei fliesst das Geld in der Regel zu einer anderen Bank.

Die Geschäftsbanken haben untereinander jedoch keine Möglichkeit eines direkten Buchgeldtransfers; er geht vielmehr über Konten, die jede einzelne Bank bei der Nationalbank hat. (Die entsprechenden Konten heissen «Sichteinlagen der Kreditinstitute bei der Zentralbank».) Daher haben die Banken das Geld ihrer Kunden auch nicht «im Haus». Was die Bank den Kunden gegenüber als deren Guthaben deklariert, sind somit individuelle Anrechte auf Geld.
Die Zahlungen von Bank zu Bank und somit auch die Zahlungen eines Bankkunden an den Kunden einer anderen Bank fliessen, wie erwähnt, über die SNB. Dabei weist die auftraggebende Bank die SNB an, den fraglichen Betrag ihrem Konto zu belasten und dem Konto der Empfängerbank gutzuschreiben.

Der Bargeldbezug am Bankschalter zum Zweck einer anschliessenden Zahlung am Postschalter ist ein (etwas verschachtelter) Spezialfall bezüglich Bargeld und Buchgeld. Er verläuft (schematisch) wie folgt:

  1. Die Bank bezieht auf Vorrat von der SNB Bargeld gegen bankeigenes Buchgeld.
  2. Der Kunde bezieht Bargeld bei der Bank und belastet damit sein (Buchgeld-) Konto. (Der fragliche Buchgeldbetrag wird abgebucht und geht damit ins Eigentum der Bank über.)
  3. Der Kunde zahlt das Bargeld auf der Post ein. Die Post überweist aus ihrem eigenen Buchgeldbestand den Betrag über die SNB an die Bank des Zahlungsempfängers auf dessen (Buchgeld-) Konto.
  4. Die Post liefert das Bargeld an die SNB und erhält dafür von ihr Buchgeld gutgeschrieben.

Damit hat der bargeldzahlende Kunde im Hintergrund letztlich (funktional) eine Übertragung von seinem Buchgeld bei seiner Bank über die SNB an die Post und von dieser über die SNB an die Bank des Zahlungsempfängers in Gang gesetzt.

Bereits seit 1987 verbucht die SNB alle Zahlungsvorgänge jeweils einzeln, unmittelbar und zum vollen Betrag. Je früher am Tag die Buchung erfolgt, desto günstiger ist die Gebühr, die die Geschäftsbank dafür bezahlen muss. Wenn der Stand des Kontos der Geschäftsbank bei der SNB jedoch im Moment der Auftragserteilung nicht ausreicht, wird die Zahlung später am Tag respektive gar nicht ausgeführt. Die Bank kann dann versuchen, sich das nötige Geld bei einer anderen Bank zu leihen. Sie kann auch bei der SNB selbst Kredit erhalten, sofern sie fähig ist, ein Pfand im Wert von 110 Prozent an die SNB zu liefern. Wenn sie beides (noch) nicht kann, wird die Zahlung nicht durchgeführt und muss an einem anderen Tag neu in Auftrag gegeben werden.

Die SNB lässt die eigentliche Verbuchung durch die Firma SIX-SIC durchführen. Zu diesem Zweck überträgt die SNB jeweils zu Beginn des Arbeitstages die Kontenstände der Banken an die SIC und diese überträgt sie am Ende des Arbeitstages wieder zurück an die SNB. Die Banken sind angehalten, die Buchungen fortwährend in Auftrag zu geben. (Damit die Transaktionen flüssig verlaufen, sind die Gebühren - Einlieferung und Verrechnung zusammen -, welche die Banken für die Transaktionen bezahlen müssen, gestaffelt. Morgens bis 8.00 Uhr kostet eine Transaktion 0,008 Franken (0,8 Rappen). Am Nachmittag ab 14.00 Uhr - die teuerste Übertragungszeit - kostet eine Transaktion Fr. 1.05 bis zum Betrag von Fr. 100'000.- und darüber Fr. 3.-; ein 375-facher Unterschied.
Quelle: www.six-interbank-clearing.com/de/home/payment-services/sic/sic-transaction-prices.html)

Für Interessierte: Früher wurden Zahlungen zwischen Banken zuerst gegenseitig aufgerechnet und dann in gewissen Abständen nur der daraus entstandene Saldo überwiesen. Eine weitere Möglichkeit war, dass die Banken bei sich Konten von anderen Banken führten - sog. Vostro- / Nostro-Konten - und die Zahlungen auf diese Konten verbucht wurden. In der Schweiz wird heute jedoch der gesamte Zahlungsverkehr über die Zentralbank ausgeführt.
Die heutige Regelung der unmittelbaren Bruttoabrechnung ist Folge der Herstatt-Insolvenz 1974. Die Herstatt-Bank hatte im damals üblichen Nettoabrechnungssystem per Saldo grössere Beträge aus Interbankzahlungen offen und konnte diese wegen Devisenspekulationsverlusten plötzlich nicht mehr begleichen, was bei ihren Gläubigerbanken Probleme verursachte. Dieses nun durch das Echtzeit-Bruttoabrechnungssystem weitgehend ausgeschlossene Risiko heisst seitdem auch Herstatt-Risiko; es besteht nur noch für Interbankkredite.
Die SNB beschreibt das sogenannte Echtzeit-Bruttoabrechnungssystem oder Real-Time Gross Settlement System (RTGS) unter www.snb.ch/de/mmr/reference/sic_system/source/sic_system.de.pdf.

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C 3. Die Geldschöpfung

Die sogenannte Geldschöpfung ist eines der seltsamsten Kapitel in der Wirtschaftswissenschaft. Der Sachverhalt muss hier kurz geschildert werden, weil aus diesem Teilaspekt der Ökonomie gelegentlich der irrtümliche Schluss gezogen wird, durch auf Geldschöpfungsprozesse abgestützte einfache Geldsystemmassnahmen würden Finanzkrisen verhindert, Geldanlagen gesichert, Spekulation erschwert werden können und dergleichen mehr. Dieser Irrtum versperrt jedoch die Sicht auf die tatsächlich notwendigen Vorkehrungen und ist seinerseits bloss die Folge einer unvollständigen Wahrnehmung der Zusammenhänge der verschiedenen Geldsystemprozesse einerseits und der (verborgenen) geldrelevanten Wertbildungsvorgänge in der Wirtschaft andererseits.
Ein wesentlicher Teil des Problems liesse sich durch eine exakte Definition von Geld lösen. Ohne ausdrücklich anderslautende Definition heisst Geld so viel wie kaufkräftiges, unmittelbar und abschliessend zu Kaufzwecken einsetzbares Zahlungsmittel mit prinzipiell unvergänglicher Gültigkeitsdauer. (Es soll hier nicht auf die z. B. von Bendixen aufgeführten Ansichten bezüglich der Zusammenhänge von Handelswechseln und Geldschöpfung eingegangen werden, da sie keine Bedeutung mehr haben.)

C 3.1. Form und Inhalt des Geldes

Ein über hundert Jahre alter Streit dreht sich um die Frage, wie und wo Geld tatsächlich entsteht, oder in der Fachsprache: «geschöpft» wird. Die Universitäten und die Mehrheit der Ökonomen vertreten die Meinung, neues Geld komme überwiegend durch die Vergabe von Krediten seitens der Geschäftsbanken in Umlauf - die Banken würden mit der Kreditgewährung Geld aus dem Nichts schöpfen. Dies ist allerdings Unsinn, denn die Banken benötigen zur Refinanzierung von Krediten zu hundert Prozent Kundengelder, wie im Anhang unter «Richtigstellung zur Geldschöpfung der Banken» beschrieben.

(Vereinzelt wird auch die Meinung vertreten, es würden zwei verschiedene Geldkreisläufe existieren. Der eine verbinde mit Hilfe von Zentralbankgeld die Geschäftsbanken sowohl unter sich als auch mit der Nationalbank, während der andere Kreislauf mit Bankbuchgeld die Banken mit ihren Kunden verbinde. Diese Ansicht trifft jedoch nicht zu. Wie aus der Darstellung des Zahlungsverkehrs unter Das Zahlungssystem hervorgeht, gibt es zwischen den Banken und ihren Kunden gar keinen Buchgeldverkehr - die Banken weisen vielmehr die SNB an, die von den Bankkunden entgegengenommenen Zahlungsaufträge auszuführen.)

Die Floskel «Geldschöpfung aus dem Nichts» wurde sinngemäss vermutlich erstmals vom österreichisch-amerikanischen Ökonomen Joseph Schumpeter in seinem Buch «Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung» von 1912 am Ende des zweiten und am Anfang des dritten Kapitels verwendet, wenn er auch, wie er selbst sagt, die Idee (von Bendixen) übernommen hat. (Aus Platzgründen soll hier der Nachweis unterbleiben, anhand von Schumpeters eigenen Worten darzulegen, dass er das Geldsystem nicht ausreichend durchschaute. Wie er später eingesteht, scheiterte er in der Folge auch bei dem Versuch, ein Buch über das Wesen des Geldes zu schreiben; er brach das Manuskript nach über 300 Seiten ab. Siehe Thomas K. McCraw: Joseph A. Schumpeter, Murmann Verlag, 2008. Das unvollendete Manuskript erschien 1970 aus dem Nachlass als Buch unter dem Titel «Das Wesen des Geldes».)

Die seltsame Ansicht der Geldentstehung als Schöpfung aus dem Nichts geht auf die Schwierigkeit zurück, die eigentliche Entstehung der Kaufkraft des Geldes örtlich und zeitlich festzuhalten. Diese Schwierigkeit entsteht dadurch, dass das Geldsystem eine dem Wirtschaftssystem ideell übergestülpte Einrichtung ist. Dadurch kann zwischen Wirtschaftsvorgängen und Geld keine unmittelbare Verbindung hergestellt werden. Geld ist tatsächlich, wie am Anfang des Kapitels erwähnt, nur ein Buchhaltungssystem. Da die Buchhaltung jedoch nur eine von Menschen erfundene Art ist, Mengen in Relation zueinander zu setzen, kann Geld nicht vom Wirtschaftssystem her gesehen definiert werden, sondern nur vom Menschen her. Da dies aber für den Ökonomen eine (zu) fremde Perspektive ist, nämlich den Menschen in theoretisch-analytischer Hinsicht ins Zentrum des Geldsystems zu stellen und nicht die Wirtschaft, ist er lieber die Auffassung, Geld komme aus dem Nichts.
Damit wird die Ansicht vertreten, das aus dem Nichts kommende Geld ermögliche, beschleunige oder bremse die Wirtschaftstätigkeit, d. h. das Primat liege beim Geld und nicht bei der Wirtschaft.

Die andere Seite vertritt demgegenüber die Meinung, Geld - um genau zu sein: die Kaufkraft des Geldes - entstehe aus der Sache selbst, nämlich aus den Tätigkeiten der Wirtschaft.

Beide Seiten können jedoch weder ihre eigene Position ausreichend logisch begründen noch die je andere Seite widerlegen. Genau besehen wundert dies nicht, da beide Seiten je etwas anderes unter Geld verstehen, nämlich einmal die Erscheinungsform und einmal den Inhalt. Für die einen ist Geld vornehmlich die Form, in der es jederzeit zählbar ist, d. h. als Bargeld und als Kontostand des Buchgeldes. Für die anderen ist Geld jedoch vor allem der Inhalt, nämlich der Wert (die Kaufkraft), den es als Zahlungsmittel hat. (Wie der Wert entsteht, wird weiter unten im Unterkapitel Die Wertentstehung geschildert.)


Geld als Form

Die Vertreter der Form des Geldes wissen zwar nicht, wie die spezifische Eigenheit des Geldes, seine Kaufkraft, entsteht. Es ist ihnen jedoch bewusst, dass sie nicht behaupten können, das Geld entstehe in der Druckerei respektive - beim Buchgeld - auf Knopfdruck am Computer. Deshalb sagen sie, das Geld entstehe (mit gewissen Unterschieden) durch die Zentralbank oder, vor allem, durch die Geschäftsbanken anlässlich einer Kreditvergabe. Dabei entstehe Geld aus dem Nichts - gemäss dem Phänomen «fiat lux», der biblischen «Schöpfung aus dem Nichts», wird das Geschäftsbank-Kreditgeld gelegentlich auch als Fiatgeld bezeichnet -, und anlässlich der Rückzahlung des Kredites verschwinde das Geld auch wieder im Nichts.

Bezüglich dieser Ansicht gibt es so viele rein phänomenologische Gegenargumente - d. h. Argumente, die auch ohne jegliche intellektuelle Durchdringung des Geldsystems ersichtlich machen, dass es eine Schöpfung von kaufkräftigem Geld aus dem Nichts nicht geben kann -, dass sich das Festklammern an diese Geldentstehungsform als Glaubenssatz im der Art eines theologischen Dogmas erweist.

Wenn Geschäftsbanken tatsächlich Geld aus dem Nichts schöpfen könnten, dann gäbe es z. B. den oben im Kapitel «Das Zahlungssystem» aufgeführte Umstand nicht, dass Zahlungen mangels Liquidität nicht ausgeführt werden können, denn eine Schöpfung aus dem Nichts - ist man geneigt anzunehmen - müsste leicht jederzeit die nötige Liquidität liefern können. Weiter gäbe es keine sogenannten Verbriefungen; sie wären schlicht nicht erforderlich. Mit einer Verbriefung haben Banken die Möglichkeit, bereits vergebene Kredite in eine Urkunde umzuwandeln, diese zu verkaufen und dadurch wieder zu liquidem Geld zu kommen. (Siehe dazu z. B. den Artikel «Wie aus langfristigen Forderungen liquide Handelsprodukte werden» in der Neuen Zürcher Zeitung vom 30.8.2013.)
Dass dieses per Schreibtischentscheid angeblich aus dem Nichts gehobene Geld auch nicht zur Bankenrettung verwendet werden kann oder gar für arme Länder eine naheliegende Möglichkeit wäre, sich selbst am eigenen Schopf aus der Armut herausziehen, d. h. sich von den Banken im eigenen Land ausreichend Kredite geben zu lassen; noch dass dieses aus dem Nichts geschaffene Geld sonstwie vergleichbar verwendet werden kann, sondern seltsamerweise nur gerade als Bankkredit in verhältnismässig reichen Ländern zu funktionieren scheint, ficht seine Vertreter nicht an. Arme Länder müssen genau deshalb - weil es eine Schöpfung von Geld aus dem Nichts nicht gibt - Kredite bei der Weltbank oder bei reichen Ländern aufnehmen.
Bereits aus diesen wenigen Argumenten und ohne tiefergehende Darlegung der geldmechanischen Vorgänge ist ausreichend ersichtlich, dass es eine Schöpfung von kaufkräftigem Geld aus dem Nichts nicht gibt; nicht geben kann.


Geld als Inhalt

Die Inhalts-Vertreter wiederum, in der Regel eher Wirtschaftspraktiker einschliesslich Bankfachleuten, verweisen anhand der realen Vorgänge im Zahlungsverkehr auf die Unmöglichkeit der bankinternen Bildung von kaufkräftigem Geld. Gerade weil die Geldschöpfung aus dem Nichts den Banken allerlei Arbeit und Nöte ersparen würde, die Banken in der realen Welt aber diese Arbeiten und Nöte täglich erleben, ist den Inhalts-Vertretern auch ohne theoretische Erwägungen klar, dass es diese Art der Entstehung von Geld nicht gibt. Gäbe es sie nämlich, bräuchten die Banken z. B. keine Kundengelder. Aus echten (und nicht Lehrbuch-!) Bankbilanzen ist daher, wenn auch nicht ganz leicht, ersichtlich, dass Banken sogar über mehr Kundengelder verfügen, als sie als Kredite verliehen haben. Banken würden naheliegend auch keine Kundengelder annehmen und teilweise dafür noch Zins bezahlen (z. B. für Spar- und Termingelder), wenn sie selbst Geld herstellen könnten.
Da jedoch auch die Inhalts-Vertreter die wirkliche Entstehung des Geldwertes, d. h. der Zahlungskraft des Geldes, nicht ausreichend darlegen können, besteht der Streit zwischen den Geld-Form- und den Geld-Inhalt-Vertretern fort.

C 3.2. Die Wertentstehung des Geldes

Die eigentliche inhaltliche Entstehung des Geldwertes erfolgt durch die Wertschöpfung in der Wirtschaft. Dabei ist der Prozess der allmählichen Entstehung der Werthaltigkeit von Gütern, zu dem das «Geld» benannte Dokument (in Form von Münzen, Banknoten oder Buchgeld) nur die äussere wertlose Form ist, tatsächlich mit den herkömmlichen Mitteln der Wissenschaft nicht zu erfassen. Letztere sind nämlich ideell an zählbare Grösseneinheiten gekettet.

Ein Grundproblem der modernen Wissenschaften, nicht nur der Ökonomie, besteht darin, dass Prozesse, d. h. ihre Geschwindigkeit und ihre Intensität, nicht in sich selbst erfasst werden können, sondern nur, indem sachfremde Kriterien, nämlich Raum- und Zeitkriterien, beigezogen werden. Was bei gewissen Naturprozessen möglich ist, so z. B. bei einem Wasserlauf – hier wird die Fliessgeschwindigkeit in Metern (Längen- respektive Raumgrösse) pro Sekunde (Zeitgrösse) bestimmt und die Intensität in Litern (Raumgrösse) pro Sekunde (Zeitgrösse) –, ist bei der Wertbildung in der Wirtschaft nicht möglich. Dies bedeutet, dass der Wertbildungsprozess unterhalb der Schwelle der Wahrnehmung des Menschen verläuft. Da das Produkt der Wertschöpfung zuletzt jedoch vorhanden ist und einen in Geldeinheiten messbaren Wert repräsentiert, kommt die an den Universitäten gelehrte Volkswirtschaftslehre zu dem Schluss, ein in Geld ausgedrückter Wert, abgekürzt: das Geld, käme - wie durch ein Wunder - aus dem Nichts.

Die Unsinnigkeit der herkömmlichen Wertbildungsvorstellung wird am Beispiel eines fiktiven, jedoch analytisch stringenten Wertschöpfungsprozesses erkennbar. Wenn in einer Bleistiftfabrik durch einen Bleistiftherstellungsvollautomaten ein Bleistift produziert wird und dieser letztlich vielleicht 15 cm lange und 50 Rappen teure Bleistift erst z. B. zu 0,5 mm hergestellt ist, also zu einem dreihundertsten Teil, wird niemand behaupten wollen, dieses Bleistiftstummelchen habe einen Wert von 0,167 Rappen; es ist vielmehr – in diesem gegenwärtigen Zustand – in jeder Hinsicht völlig wertlos. Obwohl also durch den Produktionsvorgang die Wertbildung eingesetzt hat, können weder der Zeitpunkt noch das Mass der Wertbildung selbst sinnvoll festgehalten werden.
Wenn die Bleistiftherstellung zu Ende geführt und alle weiteren wertbildenden und wertmindernden Faktoren einberechnet werden, fällt die wirkliche Wertbildung erst viel später und an einem ganz anderen Ort an, nämlich am Ende des Geschäftsjahres in der Bilanz der Bleistiftfabrik, und hier wiederum ist nicht mehr feststellbar, ob der sich erst jetzt ergebende Bilanzsaldowert tatsächlich durch den eigentlichen Bleistiftherstellungsprozess entstanden ist respektive allenfalls zu welchem Anteil.

Die Wertbildung in der Wirtschaft ist nicht unmittelbar erfassbar; sie ist sozusagen okkult, verborgen, denn sie geschieht ausserhalb unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten: im schieren Nichts. Die allmähliche Entstehung des Wertes, der später in Geldeinheiten ausgedrückt wird, erfolgt damit, aus der Sicht des sinnesgestützten Menschen, zwar tatsächlich im Nichts, aber durch einen Wertschöpfungsprozess in der Wirtschaft - und nicht durch ein Kreditversprechen in einer Bank.

Die Darstellung der genauen äusseren Vorgänge anlässlich einer Kreditvergabe ist im in sich geschlossenen Flugblatt Richtigstellung zur Geldschöpfung der Banken ausführlicher beschrieben. Die Vertreter der üblichen Geldschöpfungsvorstellung akzeptieren diese Ausführungen zwar nicht, können sie gleichwohl aber nicht widerlegen.

Generell ist unter Geldschöpfung zu verstehen, dass zusätzliches Buchgeld in den bereits bestehenden Geldumlauf kommt. Äusserlich geschieht dies dadurch, dass eine Geschäftsbank Aktien – deren Werte aus der bereits erfolgten Wertschöpfung in der Wirtschaft hervorgehen –, die sie an der Börse (mit Geld aus Kundeneinlagen) gekauft hat, als Pfand an die Zentralbank liefert und von ihr dafür leihweise Geld bekommt; die Zentralbank verwandelt (verflüssigt) also Aktienwerte in liquides Geld. Dies ist der eigentliche Vorgang der Geldschöpfung.
(Die Geschäftsbank kann der Zentralbank als Pfand statt Aktien auch Staatsanleihen liefern, deren Wert sich auf die Macht des Staates, Steuern erheben zu können, abstützt. Das Volumen der Steuern hängt seinerseits jedoch wiederum von der Wertschöpfung der Wirtschaft ab.)

Die vermeintliche Geldschöpfung der Geschäftsbanken ist in Wirklichkeit bloss ein Umlenken von bestehendem Geld – nämlich Kundeneinlagen und Pfandbriefgeldern – von einem Geldbesitzer zu einem Kreditnehmer. Die volkswirtschaftlich wirksame Menge des Geldes ändert sich dabei nicht.

Auf Grund der von der Zentralbank berechneten und ausgewiesenen Geldmenge können nun bezüglich der Geldschöpfung leicht gewisse Fehlschlüsse entstehen. Die Geldmenge und die Art ihrer Berechnung werden im Abschnitt Die Geldmenge behandelt.

(Der Fachmann wird bei obiger Darstellung möglicherweise auf die Banking-, Liquiditäts-, Currency- und Quantitätstheorien rekurrieren. Auf diese wurde jedoch bewusst nicht Bezug genommen, weil sie erstens alle nicht stringent sind und zweitens viel historischen und ideologischen Ballast mitschleppen, was die heute aktuell vorhandenen Sachverhalte eher vernebelt als erhellt. Beispielsweise wird die Kreditfunktion des Handelswechsels implizit der des heutigen Unternehmerkredits gleichgestellt, obwohl sie weder am gleichen Ort noch in gleicher Weise in die Wertschöpfungskette einwirkt; der notenbankfähige Wechsel wirkt unter gewissen Umständen - d. h. wenn er vor Ablauf der Frist diskontiert und zudem von der Geschäftsbank der Notenbank eingereicht wird - praktisch unmittelbar, allerdings auch nur kurzzeitig, geldmengenverändernd, der Unternehmerkredit jedoch höchstens dann, wenn er bewirkt hat, dass Aktien an Wert zulegen. Weiter kann das Wechsel-Dokument unmittelbar selbst als vorübergehend eigenständiges Zahlungsmittel eingesetzt werden, während das Kredit-Dokument nur eine Übertragung von bereits bestehendem Zentralbankbuchgeld bewirkt.)

An den bisherigen Ausführungen könnte bemängelt werden, dass auf diese Weise der erste Anfang des Geldes nicht erklärt werden könne. Diese Feststellung trifft zu. Allerdings ist der historische Uranfang ohnehin weitgehend unklar. Bekannt ist, dass in späteren Zeiten Geld von Fürsten in ihrem Untertanenland oft willkürlich und ohne Bezug zur vorhandenen Wertschöpfung eingeführt wurde. Vielfach war eine extreme Inflation die Folge. Aber immerhin: das Geld war eingeführt. Ein moderner Uranfang würde dadurch geschehen, dass eine Zentralbank einmalig Geldzeichen (Buchgeld, Banknoten, Münzen) ohne Gegenleistung zu gleichen Teilen an die Bevölkerung abgeben würde. (Der Uranfang eines Geldsystems darf im Übrigen keinesfalls mit dem bereits lange vorher eingesetzt habenden «Uranfang» von arbeitsteiligen Wirtschaftstätigkeiten verwechselt werden.

C 3.3. Zur Geldschöpfungsdiskussion

Mit Geldschöpfung wird derjenige Vorgang im Geldsystem bezeichnet, durch den neues, zusätzliches Geld in den bestehenden Geldkreislauf hineingebracht wird. Dies geschieht ausschliesslich durch die Zentralbank und soll an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden, da die diesbezüglichen Grundzüge weitgehend unbestritten sind. Anders bei den Geschäftsbanken: ihnen wird unterstellt, sie würden anlässlich einer Kreditvergabe Geld schöpfen - d. h. sie würden dabei den Kreditnehmern Geld «geben», das sie selbst gar nicht haben. Der vielfach begründete Einwand, dies sei nicht möglich, wird oft mit dem Hinweis hinweggefegt, schliesslich würden die Banken den Kreditbetrag, den sie dem Konto des Kreditnehmers gutschrieben, nirgends abbuchen - damit sei das fragliche Geld aus dem Nichts geschaffen.

Der Einwand der fehlenden Gegenbuchung beruht auf einer fehlerhaften Vorstellung von Geld. Geld ist kein Gegenstand, sondern ein Recht. Dieses kann einseitig gewährt werden, ohne dass im Moment weiter etwas geschieht. Zudem wird die angeblich fehlende Gegenbuchung zur Kreditvergabe sehr wohl vorgenommen; sie erfolgt im Moment der tatsächlichen Kreditverwendung, d. h. der Verwendung für einen Zahlungsvorgang des Kreditnehmers.


Hier müssen nun zwei Fälle unterschieden werden:

A. Der Zahlungsempfänger hat sein Konto in der gleichen Bank.
Die Zahlung wird einem Sichtkonto (des Zahlungsempfängers) gutgeschrieben, welches für die Bank ein Passivkonto ist. Hierdurch steigen die Schulden der Bank an und gleichen ihr Aktivkonto Kredite aus, welches auf Grund der Kreditvereinbarung die Forderungen der Bank, d. h. ihre Guthaben, erhöht hat. Die neuen Schulden gegenüber dem Zahlungsempfänger (auf der Passivseite der Bank) und das neue Guthaben (die Forderung) gegenüber dem Kreditnehmer (auf der Aktivseite der Bank) lauten auf denselben Betrag und heben sich damit auf.

B. Der Zahlungsempfänger hat sein Konto bei einer anderen Bank.
Durch den Zahlungsvorgang, d. h. die Gutschrift an die Bank des Zahlungsempfängers, vermindert sich bei der Bank des Kreditnehmers deren Guthaben bei der Zentralbank. Diese Guthabenverminderung hebt damit die anlässlich der Kreditvereinbarung erfolgte Guthabenzunahme (die Forderung gegenüber dem Kreditnehmer) unmittelbar auf.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes feststellen:

  1. Die Kreditvergabe einer Bank erfordert - notwendigerweise - immer eine Buchung und eine Gegenbuchung, wie oben für beide Fälle dargelegt.
  2. Während es sich im ersten Fall um eine Bilanzverlängerung handelt (= Zunahme eines Aktivkontos bei gleichzeitiger Zunahme eines Passivkontos der Bank), stellt der zweite Fall einen Aktivtausch dar (= Erhöhung eines Aktivkontos bei gleichzeitiger Verminderung eines anderen Aktivkontos).
  3. Beide Geschäftsfälle sind damit erfolgsunwirksam; sie verändern zu keinem Zeitpunkt den Erfolg (Gewinn oder Verlust) der Bank.
  4. Damit kann eine Bank zu keinem Zeitpunkt anlässlich einer Kreditvergabe Geld schöpfen respektive erzeugen, womit sie auch keine Zinseinnahmen aus angeblich zusätzlich erzeugtem Geld erzielen kann. Die Zinserträge erfolgen ausschliesslich aus dem Zinsdifferenzgeschäft der Bank (Zinseinnahmen aus Kreditvergabe auf der Aktivseite abzüglich Zinszahlungen an Einleger auf der Passivseite).
  5. Da eine Geschäftsbank kein Geld schöpfen respektive erzeugen kann, kann sie auch kein neues, zusätzliches Geld in den bestehenden Geldkreislauf bringen. Diese Möglichkeit hat, wie oben erwähnt, bereits heute ausschliesslich die Zentralbank eines Landes.

Die Erfahrung zeigt nun, dass die Vertreter der Geldschöpfungsansicht weder mit einfachen logischen Argumenten vom Gegenteil zu überzeugen sind noch durch eine gewisse ökonomische Intuition vor mechanistischen Fehlschlüssen bewahrt werden. Daher stellt sich die Frage, warum das argumentative Gestrüpp der Meinungen nicht durchdrungen werden kann.

Eine sorgfältige Analyse zeigt, dass bei den Geldschöpfungsvertretern drei unterschiedliche Argumentationslinien durcheinander geraten und sich gelegentlich sozusagen ineinander verschlingen. Die drei Argumentationslinien fussen ihrerseits wesentlich auf bis zu fünf, sich über viele Jahrzehnte langsam gebildet habenden Irrtümern respektive Mängeln, die sogar für sich selbst genommen nur schwer zu korrigieren sind.

Im hier vorliegenden Rahmen würde es zu weit gehen, dieses intellektuelle Durcheinander abschliessend ordnen zu wollen. Deshalb sollen im Weiteren, wenn auch inhaltlich von ebenso zentraler Bedeutung, nur verhältnismässig einfache Sachverhalte bezüglich des Geldsystems aufgezeigt werden.

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C 4. Die Geldmenge

In diesem Abschnitt soll, in Analogie zum Kapitel Die Geldschöpfung, nur eine kurze Ausführung zum Begriff Geldmenge als Teilaspekt der Volkswirtschaftslehre erfolgen, weil dieser Begriff gelegentlich zu seltsamen Ansichten und Schlüssen verführt.

Unter dem Begriff Geldmenge werden zwei verschiedene Sachverhalte verstanden. Der Unterschied liegt in der Auswahl der Geldbestände, die zusammengezählt werden.

Die Geldmenge gemäss Sicht der Zentralbank, in der Folge einfach Geldmenge genannt, ist eine Grösse, die nicht real als unmittelbar kaufkräftiges Geld existiert, sondern von der Zentralbank mittels einer bestimmten Zählweise errechnet wird. Dabei variiert die Berechnungsart von Land zu Land etwas.

Die Berechnung der Geldmenge wurde einst zu Diagnosezwecken eingeführt. Die dadurch festgestellte Grösse ist jedoch nebensächlich; wesentlich (für die Zentralbank) ist allein die Veränderung der Geldmenge. Die Erfassung der Veränderung soll mithelfen, eine allenfalls kommende Expansion der Wirtschaft abzuschätzen und die in der Regel damit verbundene Inflationsneigung durch geeignete Massnahmen aufzufangen. Die Geldmengenberechnung der Zentralbank hat also einen ganz bestimmten, nur für die Zentralbank selbst relevanten Zweck.

Im Laufe der Zeit stellte die Nationalbank (SNB) jedoch fest, dass der Aussagewert der Geldmengenveränderung zu gering war. Daher begann sie bereits 1999, die Erfassung der Geldmengenveränderung nur noch als eines von verschiedenen Diagnosemitteln einzusetzen. (Im Übrigen werden die Geldmenge und ihre allfällige Veränderung im Zuge der Sättigung der Märkte nichts mehr aussagen, wodurch zukünftig auf die Geldmengenberechnung verzichtet werden könnte.)

Die M-Geldmengen

Die Zentralbanken berechnen in der Regel vier verschiedene Geldmengen, welche sie als M0, M1, M2 und M3 bezeichnen. Zu diesem Zweck werden im Wesentlichen einfach die Bestände auf den Konten der Bankkunden zusammengezählt. Dabei wird, für den SNB-Diagnosezweck zu Recht, nicht berücksichtigt, inwieweit die ausgewiesenen Bestände der Kundenkonten der Banken in der jeweiligen Bank auch tatsächlich vorhanden oder in Wirklichkeit bereits als Kredite verliehen sind. (Der Kontostand sagt nichts darüber aus, wo sich das Geld befindet.) Da die verliehenen Gelder, die Kredite, sich ihrerseits gleich wieder auf (anderen) Sichtkonten befinden – denn wenn mit Kreditgeld Zahlungen vorgenommen werden, fliesst das Geld (im Auftrag des Kreditnehmers) zuerst einmal auf ein Sichtkonto des Zahlungsempfängers (um genau zu sein: vom SNB-Konto der Bank des Anlegers auf das SNB-Konto der Bank des Zahlungsempfängers) -, wird ein und dasselbe Geld mehrmals, nämlich einmal als Bestand auf dem Sichtgeld- oder Sparkonto des ursprünglichen Geldbesitzers und einmal auf dem Sichtgeldkonto des Zahlungsempfängers, gezählt. Durch diese Mehrfachzählung ist die ausgewiesene Geldmenge viel grösser als die tatsächlich vorhandene Geldmenge. (In Wirklichkeit befinden sich die Kundengelder ohnehin nicht auf den Kundenkonten der Bank, sondern bei der SNB auf dem Konto «Sichteinlagen der Kreditinstitute bei der Zentralbank»; siehe dazu Das Zahlungssystem). Aus diesem Grund verändert sich der ausgewiesene Kontenbestand des Bankkunden - eine Forderung des Letzteren gegen seine Bank - auch dann nicht, wenn sein Geld von der Bank weiterverliehen ist.)

Die Nationalbank definiert die Geldmengen wie folgt:

SNB Geldmengentabelle

([1] Depotkonten – M1, 2. Zeile – sind überwiegend Konten von Mitarbeitenden, Pensionierten und den Vorsorgeeinrichtungen der SNB.) Quelle: www.snb.ch/de/mmr/reference/monpol_ monstat_definition/source/monpol_monstat_definition.de.pdf.




Aus dieser Tabelle wird ersichtlich, dass die M-Geldmengen tatsächlich nichts über den realen Bestand des im Umlauf befindlichen Geldes aussagen. Zu sehen ist dieser Sachverhalt z. B. dann, wenn der Kunde am Bankschalter Bargeld auf sein Konto einzahlt. Gemäss der (Teil-)Definition der Geldmenge M1 - Noten- und Münzumlauf (minus!) Noten und Münzen bei Banken und Post - fällt dabei das Geld aus der Berechnung der M1-Geldmenge (und damit auch aus M2 und M3) heraus. Da durch die Bareinzahlung der äussere Noten- und Münzumlauf zwar verkleinert, zugleich jedoch die Bargeldmenge der Bank erhöht wird, verändert sich die volkswirtschaftlich zur Verfügung stehende Gesamtgeldmenge nicht. Gemäss Zentralbankberechnung wurde das Geld jedoch vernichtet, obwohl es natürlich immer noch vorhanden ist.

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C 5. Gold, Golddeckung

Oft wird die Ansicht vertreten, Gold sei das einzige echte Geld; es soll einen echten inneren ewigen Wert besitzen.
In Wirklichkeit ist der reale Wert von Gold sehr gering, denn man kann es zu fast nichts gebrauchen. Als Metall ist es für die meisten Zwecke zu weich, als Schmuckwerkstoff in volkswirtschaftlicher Hinsicht für die Schweiz fast wertlos und auch als Brennmaterial, Baumaterial, Bekleidungsstoff oder als Nahrungsmittel ist es nicht verwendbar. Als internationales Tauschmittel ist Gold nur (noch) so lange einsetzbar, wie es alle am Handel Teilnehmenden als Zahlungsmittel akzeptieren.

Da Gold im eigentlichen Sinn also fast wertlos ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Länder wie die Schweiz, deren Zentralbank verhältnismässig viel Gold besitzt, in schwierigen Zeiten weigern werden, weiterhin Gold als Zahlungsmittel entgegenzunehmen. Dies würde vermutlich auch andere Länder umgehend dazu veranlassen, Gold nicht mehr als Zahlungsmittel zu akzeptieren. (Da Geld eine Verhältnisgrösse und keine absolute Grösse ist und daher keinen Referenzwert haben kann, kann es keine physische Substanz geben, die sich als ewig werthaltiges Geld eignen würde.
[Für Interessierte: Diesbezüglich irrte Keynes, als er mit dem BANCOR eine auf Realwerten basierende internationale Handelswährung einführen wollte.]

Die gelegentlich diskutierte Forderung nach einer Deckung des Geldes durch eingelagertes Gold ist daher schlicht falsch. Zum einen ist Gold, wie jede physische Substanz, nicht stabil werthaltig. Zum anderen kann der eigentliche Wert des Geldes nicht in der Hinterlegung mit einem Geldersatzmittel bestehen, welches, da ohne Eigenwert, seinerseits zu nichts zu gebrauchen ist. Der wirkliche Wert des Geldes liegt weder im Geld selbst noch in einem Geldersatzmittel.

In einer arbeitsteiligen Wirtschaft ist Geld in ökonomischer Hinsicht primär das Vehikel zur Verteilung der produzierten Güter. Der Wert des Geldes besteht daher in den ökonomisch-wissenschaftlich nicht fassbaren Eigenschaften der Menschen, nämlich dem Können, Tun und Wollen, brauchbare käufliche Güter herzustellen. Der Wert des Geldes besteht damit nicht in materiellen, sondern in rein menschlichen Gegenwerten. Denn sobald niemand mehr Güter herstellen kann oder will und es als Folge dessen keine Güter mehr gibt, d. h. auch keine Güter mehr gekauft werden können, ist alles Geld wertlos.
Dadurch ist aber der Wert des Geldes eine psychologische und soziologische Grösse, die naturgemäss weder exakt erfasst noch irgendwie abgesichert werden kann.


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C 6. Der Zins

Der Zins ist das wichtigste Element im Geldsystem. Er ist funktional das zentrale Mittel der Produktionssteigerung und dadurch der Bildung von Wohlstand.

Der Zins ist der Ertrag aus der Kreditvergabe. Der Zins hat verschiedene ökonomische Begründungen. Die üblichste ist die, dass er die Vergütung dafür ist, dass der Eigentümer des Geldes nicht unmittelbar selbst wirtschaftlich tätig wird, um direkt einen Ertrag zu generieren.

Tatsächlich ist der Zins jedoch in funktioneller Hinsicht einzig dazu da, die Wertschöpfungsfähigkeit des Kreditnehmers zu erhöhen. Dieses zentrale Kriterium ist allerdings verhältnismässig unbekannt, und es hätte argumentativ auch niemals ausgereicht, um den (Kredit-) zins einzuführen und zu etablieren. Die eigentlichen Vorgänge respektive Begründungen anlässlich der Einführung des Zinses – so damals überhaupt Begründungen für neue Massnahmen geäussert wurden – sind derzeit noch unklar.

Der Zins bewirkt, dass der Kreditnehmer mehr Wertschöpfung erarbeiten muss als zur blossen Rückzahlung des Kredites nötig wäre. Je höher der Zins ist, desto grösser muss die Wertschöpfungssteigerung ausfallen, um den Zins bezahlen zu können. Die Fähigkeit, die Wertschöpfung über die unmittelbare Notwendigkeit hinaus – letztere wäre die blosse Rückzahlung des Kredites – steigern zu können, ist jedoch der entscheidende Faktor zur Steigerung des äusseren Wohlstandes.
Scheinbar wie von selbst, beziehungsweise aus rein ökonomischen Gegebenheiten bewirkt (weil die Gefahr steigt, dass der Kredit nicht zurückbezahlt werden kann), zeigt es sich, dass Kreditzinsen umso höher sind, je rückständiger eine (nationale) Wirtschaft ist; hier ist allerdings auch der Bedarf an Wertschöpfung am grössten. Daher liegt der zinsbedingte Antrieb zur Ausbildung von Wertschöpfungsfähigkeit im Interesse der Bevölkerung ärmerer Länder. Gleichzeitig darf der Zins umstandsbedingt eine gewisse (situationsbezogen unterschiedliche) Höhe nicht übersteigen, da er sonst die Ausbeutung der Arbeitstätigen bewirkt. Diese Gefahr ist jedoch verhältnismässig klein, da auf den Finanzmärkten mittlerweile insgesamt mehr Geld vorhanden ist, als Geld für Kredite nachgefragt wird.

Der Negativzins

Viele ausländische Geldeigentümer wollen ihr Geld in Schweizer Franken anlegen, damit es nicht durch ihre landeseigene Inflation schrumpft. Da die Schweizer Nationalbank das ausländische Geld im Tausch gegen Schweizer Franken annehmen muss, hat nun sie das Problem, dass diese Fremdgeldbestände fortwährend an Wert verlieren. Um diese Verluste klein zu halten, versucht die SNB die ausländischen Geldbesitzer abzuschrecken, indem sie derzeit von ihnen Gebühren in Form von Negativzinsen verlangt. Da die SNB erstens aus praktischen Gründen nicht zwischen ausländischen und inländischen Geldbesitzern unterscheiden kann (denn Ausländer könnten ihr Geld leicht über Inländer hier anlegen) und zweitens das Geld nicht unmittelbar selbst entgegennimmt, sondern über die Geschäftsbanken, müssen letztere der SNB ab einer bestimmten Betragshöhe Negativzinsen bezahlen und diese ihren Kunden weiterbelasten.

In volkswirtschaftlicher Hinsicht ist diese Lösung sinnvoll, da die von der SNB eingenommenen Negativzinsen in ihren Gewinn einfliessen, den sie wiederum an die Kantone und den Bund ausschüttet, welche ihn anschliessend wie Steuererträge verwenden. Der Negativzins ist somit eine geldsystemimmanente Folge, die als Steuerertrag zum Ausdruck kommt, der wiederum allfällige Steuererhöhungen bremst.

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D - Das neue Wirtschaftssystem

Aus den aktuellen Erfordernissen hervorgehend wird ein neues Wirtschaftssystem produzentenseitig aus einer dezentral kooperativ planenden Wirtschaft und konsumentenseitig aus dem einheitlichen Volleinkommen bestehen müssen. Die Verbindung dieser beiden Seiten erfolgt über eine neu einzurichtende zentrale Girobank. Die Wirtschaft führt an diese ihre Erlöse ab, und die Girobank zahlt daraus einerseits an die Bürger ein Volleinkommen und andererseits den Wirtschaftseinrichtungen die Investitionen sowie den Rechts-, Bildungs- und politischen Institutionen die Gelder, die sie brauchen. Der Verteilungsschlüssel wird sich aus der bereits bestehenden Erfahrung ergeben und kann bei überwiegendem Missfallen, wie jeder andere politische Sachverhalt auch, durch eine Volksabstimmung verändert werden.

Damit sind die prinzipiellen Sachverhalte beschrieben.


Über diese allgemein gehaltenen Aussagen hinaus ist es im Moment weder sinnvoll noch erforderlich, genauere Angaben machen zu wollen. Zuerst muss die Planungsarbeit mit der Erarbeitung der wichtigsten Strukturen und der entscheidenden Einzelheiten der neuen Wirtschaftsordnung erledigt werden; erst dann sind passende Äusserungen und Diskussionen zu Einzelheiten möglich.
Derzeit soll das Hauptaugenmerk vielmehr auf der Frage liegen, was denn zu tun wäre, um den seit hundert Jahren andauernden Entwicklungsstillstand zu überwinden.

Mögliche Einwände gegenüber einer solchen Wirtschaftsordnung sind notgedrungen stark geprägt von der jetzt gerade zu überwindenden, den Aufgaben der Zeit nicht mehr entsprechenden Ordnung. Diesen Einwänden muss die gegenwärtige Realität gegenübergestellt werden - und noch mehr die kommende, wenn keine grundlegend neue Wirtschaftsordnung eingeführt wird. Diese Realität besteht u. a. darin,

Diese Sachverhalte wird zweifellos niemand weiterhin dauerhaft akzeptieren wollen. Deshalb muss eine Basis geschaffen werden, die eine entschiedene Weiterentwicklung des Denkvermögens erlaubt. Diese Basis ist das neue Wirtschaftssystem.


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D 1. Neue Wirtschaft

Die sachgemässe Wirtschaftsform der nächsten Zukunft wird gemäss den an sie gestellten Forderungen eine verbindlich assoziative, d. h. dezentral kooperativ planende Wirtschaft sein müssen.

Der Begriff Assoziation ist heute eher ungünstig besetzt. Er bedeutet eine Art erweitertes Betriebswirtschaftssystem, das als Ganzes aber nach wie vor den wettbewerbsbedingten Marktwirtschaftsgesetzen unterliegt. Jetzt geht es jedoch um ein Volkswirtschaftssystem, nämlich um ein System landesweit verbindlicher kooperativer dezentraler Planung aller Wirtschaftstätigkeiten.

Zum Scheitern der sowjetischen Planwirtschaft

Hinsichtlich einer planenden Wirtschaft besteht teilweise bezüglich des Begriffs Planwirtschaft eine gewisse Voreingenommenheit. Diese bezieht sich primär auf die gescheiterte Zentralplanwirtschaft (oder Zentralverwaltungswirtschaft) der ehemaligen Sowjetunion.
Die damalige Planwirtschaft scheiterte jedoch nicht an der Unmöglichkeit der Planung wirtschaftlicher Prozesse oder an der Überlegenheit planlosen Wirtschaftens gegenüber planvollem, d. h. vorausbedachtem Wirtschaften, sondern an der Rückständigkeit sowohl der individuellen intellektuellen als auch der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Sowjetunion in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts.

Nicht die oktroyierte, sondern nur die individuell zu erlangende Erkenntnis, dass eine neue Sozialisierung angesichts der heutigen individuellen, wissenschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen unausweichlich ist, kann jedoch die Grundlage einer entsprechenden gesellschaftlichen Massnahme sein.

D 1.1. Die Bedingungen

Eine zweckmässig planende Wirtschaft, die sowohl den Bedürfnissen der Konsumenten als auch den Möglichkeiten der Produzenten entspricht, ist erst jetzt, mit Beginn des neuen Jahrtausends, möglich und sinnvoll, denn sie setzt Bedingungen voraus, die bisher nicht gegeben waren.

D 1.2. Eine wesentliche Nebenbemerkung

Die Wirkung und Funktion der skizzierten Wirtschaftsordnung erscheint gegenwärtig möglicherweise noch etwas unwirklich oder schwer vorstellbar. Dies hängt wesentlich damit zusammen, dass (unbewusst) davon ausgegangen wird, dass die heutigen Konsumbedürfnisse in Zukunft die gleichen sind. Sie werden sich jedoch zweifellos ändern.

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D 2. Das Volleinkommen

Der Grund respektive die Art und Weise, wie wir Bürger zu den von uns benötigten finanziellen Mitteln kommen, wird neu geregelt werden müssen. Der zentrale Aspekt ist der, dass wir, wie unter Das neue Wirtschaftssystem und Die Sättigung der Märkte ausgeführt, aus verschiedenen Gründen den Wirtschaftswettbewerb ausschliessen müssen. Der Wettbewerb kann jedoch nur dann sicher ausgeschlossen werden, wenn die individuellen Einkommen nicht mehr an die Arbeitstätigkeit gekoppelt werden können und alle Bürger stattdessen ein einheitliches volles freies Einkommen, ein Volleinkommen, erhalten.

Das einheitliche Volleinkommen ist, sozusagen, organisierte Brüderlichkeit. Diese ist teilweise verpönt, weil sie, da organisiert, angeblich nicht echt sei. Brüderlichkeit ist jedoch weder durch alte Sippenpflicht noch durch individuelle Erwägungen definiert. Eine moderne Brüderlichkeit muss vielmehr gesamtgesellschaftlich abgestützt, verlässlich und jeglicher Willkür entzogen sein. Wenn der Souverän die neue Wirtschaftsordnung annimmt, ist die Brüderlichkeit verlässlich, belastbar und echt.

D 2.1. Die Begründung des Volleinkommens

Die Einsicht in die Notwendigkeit einer wettbewerbsfreien Wirtschaftsordnung scheitert öfters daran, dass zum vollen Verständnis ein intellektuell anscheinend nicht ganz einfacher Dreischritt vorgenommen werden muss.

Der Umstand, dass erstens die Fähigkeitenentwicklung durch den Wirtschaftswettbewerb verhindert wird, dass zweitens der Wirtschaftswettbewerb nur durch eine völlige Trennung von Arbeit und Einkommen ausgeschlossen werden kann und dass diese Trennung, drittens, eine nicht leichtfertig zu unterschätzende Entschiedenheit haben muss, die nur durch die Einheitlichkeit des Einkommens und zugleich durch die systemimmanente Verunmöglichung von individuellen Zusatzeinkommen gewährleistet werden kann, kollidiert namentlich mit gewissen älteren Vorstellungen von Gerechtigkeit und bürgerlicher Freiheit.
In wirtschaftlichen Belangen gilt jedoch nicht Gerechtigkeit (diese gehört ins Recht), sondern Brüderlichkeit. Das einheitliche Volleinkommen ist zweifellos Ausdruck höchster Brüderlichkeit.

Freiheit wiederum ist das Erkennen der Notwendigkeit; das Wahrnehmen des für die individuelle Entwicklung richtigen - diesbezüglich also notwendigen - Denkens und Handelns. Die noch bestehende Blindheit des Menschen bezüglich der verborgenen Zusammenhänge von Mensch und Welt führt nicht zu Freiheit, sondern zu Illusionen.

Bezüglich der Notwendigkeit der Einführung eines Volleinkommens gibt es – über die unten noch behandelte, völlig unterschätzte Problematik der Zurückgebliebenheit des Denkvermögens hinausgehend – noch weitere Gründe, von denen jeder für sich allein die Einrichtung eines Volleinkommens erfordern würde. Diese weiteren Gründe, die für seine Einführung sprechen, respektive, um genauer zu sein: die Probleme, die ohne Volleinkommen nicht zu lösen sind, sind z. B. die unter dem Stichwort Klimaveränderung und Klimaschutz zu Ärger und Angst führende, nicht vom Fleck kommende (weiter unten behandelte) Ökologisierung der Wirtschaft, sowie die unter Die Sättigung der Märkte und Die Roboterisierung der Wirtschaft im Kapitel Grenzen der Marktwirtschaft ausführlicher beschriebenen Themen.

Die Trennung von Arbeit und Einkommen

Es gibt gute Gründe, der Trennung von Arbeit und Einkommen skeptisch gegenüberzustehen. Nicht zuletzt kann eine nicht geringe Befriedigung eintreten, sich und allenfalls seine Familie durch seiner Hände Arbeit ernähren zu können und auf niemanden angewiesen zu sein. Über Jahrzehnte hinweg wurde diese Haltung auch propagiert, denn dadurch konnten die Arbeitstätigen auf eine nicht zu beanstandende Weise zum Tätigsein angetrieben werden. Inzwischen ist jedoch in den entwickelten Ländern das Produktionsvolumen zu gross geworden, weshalb die Arbeitstätigkeit geregelt gedrosselt werden müsste.

Durch die bestehende Bindung des Einkommens an die Erbringung von Arbeit sind jedoch nicht nur Produktionsvolumen und Einkommen unmittelbar miteinander verbunden, sondern es entsteht zugleich die Gefahr, dass durch einen umstandsbedingt erzwungenen Produktionseinbruch das Arbeitseinkommen plötzlich zu stark sinkt oder sogar ganz wegfällt - denn in der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung besteht keine Einkommenssicherheit. Letzteres führt nun dazu, dass vermutlich in nahezu jedem Wirkungsfeld Arbeitstätige künstliche Nachfrage schaffen, damit ihr Einkommen einigermassen gesichert ist.

Die künstliche Nachfragebildung kann in ganz unterschiedlichen Formen auftreten. Die offensichtlichste ist die Werbung. Diese hat eine Spannweite von dem verhältnismässig harmlosen Hinweis auf ein bestimmtes Produkt über die gezielte Herstellung von in kurzen Abständen erscheinenden, stets neuen, sich aber kaum unterscheidenden Produkten - so vor allem im Unterhaltungs- und Kommunikationsbereich - bis hin zur Herstellung von neuen Produkten, die entweder in der Herstellungsweise oder in der Wirkungsweise ganz oder annähernd identisch sind mit älteren Produkten. Letzteres scheint immerhin zunehmend auf Medikamente zuzutreffen.

Eine etwas weniger offensichtliche Werbung sind Kundenbindungsmassnahmen wie z. B. «Treuepunkte» usw. In Bereichen mit gewissen Wissensgefällen wiederum werden Beratungen in einer Weise geführt, dass der Kunde letztlich ein für ihn überdimensioniertes oder unpassendes, jedenfalls aber überteuertes Produkt ersteht; im Bildungsbereich werden teilweise Ausbildungen angeboten und verkauft, die entweder Banalitäten vermitteln oder es werden Bildungsschwache und Bildungsresistente mitgeschleppt, nur damit der Ausbildungsgang und mit ihm die entlöhnte Arbeitstätigkeit weiterhin bestehen bleiben. Diese Aufzählung (der Formen künstlicher Nachfragebildung) liesse sich leicht fortsetzen.

Die künstliche Nachfragebildung hat ihrerseits zwei ganz unterschiedliche, jedoch einheitlich missliche Seiten. Die eine ist die ökonomisch-ökologische: es wird Zeit, Material und Energie (Erdöl, Strom) verschwendet. Die andere Seite ist die psychologisch-soziologische: die künstliche Nachfragebildung ist Lüge - der Verbraucher wird belogen. Da dies allgemein bekannt ist oder zumindest vermutet wird, bildet sich sogleich eine Vorbehaltshaltung, die wiederum der Ausbildung einer höheren Logik zuwiderläuft, wie dies im Kapitel Trinäre Logik beschrieben wird.

D 2.1.1. Der Entwicklungsrückstand

Die Entwicklung der menschlichen Vorstellungsfähigkeiten ist etwa hundert Jahre im Rückstand. Die Vorstellungsfähigkeit ist die Denkfähigkeit. Mit einigem philosophischen Vorlauf, nämlich seit Kant, wurde jedoch ab ca. Anfang des 20. Jahrhunderts das Denkvermögen als eine vom Vorstellungsvermögen gesonderte Fähigkeit erachtet. Dies führte wider jede Vernunft und wider essenzielle erkenntnistheoretische Erwägungen dazu, dass eine Quantentheorie und eine Relativitätstheorie in die exakte Wissenschaft gelangen konnten, obwohl es sich bei beiden um Theorien handelt, die sich nur in mathematische Formen fassen lassen, welche sich wiederum durch nichts verifizieren lassen. Gewissenhafte Forscher hätten bereits damals erkennen müssen, dass ihre Hauptaufgabe nicht mehr in der weiteren Erforschung der Natur nach herkömmlicher Methodik liegen konnte, sondern in der Entwicklung von Fähigkeiten hätte liegen müssen, die dem Menschen erlauben, die neu gefundenen Phänomene der Materie denkerisch zu durchdringen.

Dies ist bis heute nicht geschehen. Es hat zur Folge, dass wir Phänomene wie Radioaktivität, Wetter (mit Klimaveränderungen, Regenbogen, Nordlicht, Blitz und Donner), Magnetismus, Gravitation, Elektrizität – heute aktuell: elektromagnetische Schwingungen; Elektrosmog –, Ebbe und Flut des Meeres, Eigentümlichkeiten der Planetenläufe, aber auch Sinn und Zweck menschlicher Eigenheiten wie Temperamente, Talente, Mimik, Stimmlage, Hirnfunktion usw. sowie die individuellen Schicksale nicht zu ergründen vermögen, obwohl die wissenschaftliche Grundlagenforschung umfangreiche Mittel in einzelne dieser Themen investiert.

Die Zurückgebliebenheit beruht auf einer Fehlannahme. Die Fehlannahme ist die, der Mensch könne keine Fähigkeiten entwickeln, die über das naturgegebene Können hinausgehen, so z. B. ein sinnesähnliches Organ, das, einem Auge oder Ohr gleich, elektromagnetische Schwingungen oder Radioaktivität exakt erkennen und nach verschiedenen Kriterien verorten könnte.

Wenn die Forschung, d. h. die Suche nach Erkenntnissen über den Menschen und die Welt, jedoch weitergehen soll, kann die Aufgabe nur lauten, eine höherwertige Logik auszubilden. Dies ist zwar nicht einfach, aber diese Aufgabe muss als die zuerst auszuführende erkannt werden, denn sonst wird es nicht zur Lösung aller weiteren Aufgaben kommen, die das durch binäre Logik mögliche intellektuelle Fassungsvermögen übersteigen.

Hier wird nun die Notwendigkeit einer neuen Wirtschaftsordnung mit einheitlichem Volleinkommen und kooperativ planender Produktionsweise ersichtlich. Es ist nämlich abzusehen, dass es innerhalb der wettbewerbsbasierten Wirtschaftsordnung und der von ihr geprägten Gesellschaft nicht möglich sein wird, höherwertige Logiken auszubilden. Der hier relevante, im Kapitel Zum Wettbewerb bereits skizzierte Zusammenhang ist folgender:

Der Wettbewerb, insbesondere der für Produzenten, Arbeitnehmer und auch Konsumenten allgegenwärtige Wirtschaftswettbewerb, erzieht und drängt uns fortwährend und in allen Lebenssituationen dazu, die jeweils bessere von zwei Möglichkeiten zu erkennen – dieser Vorgang ist allerdings meistens psychisch soweit automatisiert, dass wir ihn kaum wahrnehmen – respektive jegliche Gegebenheiten auf bloss zwei mögliche Positionen zu reduzieren, um zu einem (binär-)logisch haltbaren Schluss zu kommen. (Ein Mittelweg zwischen zwei Positionen ist keine eigenständige dritte Position, sondern bloss ein Mittelweg.)

Diese Reduktion auf nur zwei Positionen hat entwicklungsgeschichtlich dazu geführt, dass insbesondere der wissenschaftlich geschulte Mensch die Ansicht vertritt, alles, was sich nicht binärlogischen Kriterien unterordnen lasse, sei irreal, d. h. bloss Ausfluss einer unbedarften Phantasie. Wie sich allerdings bereits seit gut hundert Jahren zeigt, erfährt der Mensch keine substanzielle Entwicklung mehr, wenn er sich diesen Dogmen weiterhin unterwirft.


D 2.1.2. Die Ökonomie

Die in der Wirtschaft auch zukünftig vereinzelt noch erfolgende Effizienzsteigerung führt dazu, dass mehr oder weniger viele Arbeitsplätze endgültig verschwinden, da insgesamt nicht immer noch mehr Güter verkauft werden können. Die anstehende Roboterisierung verschärft diese Situation dramatisch. Da die Wirtschaft jedoch eindeutig nicht die Aufgabe hat, Menschen zu beschäftigen, sondern Menschen mit Gütern zu versorgen, muss eine Lösung gefunden werden dergestalt, dass eine Güterversorgung auch dann funktioniert, wenn immer mehr Arbeitsplätze und damit die herkömmlichen Einkommensquellen verschwinden. Dies ist möglich mittels einer konsequenten, landesweit ausnahmslos verbindlichen Trennung von Arbeit und Einkommen und der Einführung eines Volleinkommens.

Die Erfahrung zeigt, dass die Skepsis gegenüber obigen Angaben teilweise gross ist. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass sich erstens die skepsisschürenden Erfahrungen unter den bisherigen Wettbewerbsverhältnissen ergeben (haben) und somit nicht auf wettbewerbsfreie Verhältnisse übertragen werden können. Zum zweiten geht es jetzt nicht vorwiegend darum, einfach eine neue Wirtschaftsordnung zu installieren, sondern vielmehr darum, auf der Basis einer wettbewerbsfreien Wirtschaftsordnung die stehengebliebene Entwicklung des Menschen wieder in Gang zu setzen. Deshalb müssen sich die zentralen Kriterien nach anderen - teilweise eher fremden - als den bisherigen Gesichtspunkten richten.

D 2.1.3. Die Ökologie

Gewisse Grundstoffe sind knapp, und andere werden es früher oder später sein. Wasser und Luft hingegen werden mit Substanzen ungünstig belastet. Dies wird zum Teil bereits seit Jahrzehnten als Problem erachtet und auch zu lösen versucht. Alle bisherigen Versuche einer entsprechenden Einflussnahme waren jedoch trotz weltweiter Einvernehmlichkeit und trotz vielen Weltklimagipfeln verhältnismässig erfolglos.
Bei genauer Betrachtung kann dies nicht verwundern. Die genannten Probleme ergeben sich ausschliesslich im Zusammenhang mit der Wirtschaft respektive der Erwerbsarbeit. Solange das individuelle Einkommen nämlich an die Erwerbsarbeit gebunden ist, sind der Erwerb und dessen unmittelbar erlebbare Folge, den eigenen Lebensunterhalt finanzieren zu können, wichtiger als die Arbeit und deren kaum erlebbare ferne Folgen in der Umwelt. Dies schliesst ein, dass aus Erwerbsgründen oft Arbeiten ausgeführt werden (müssen), die in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmass gesamtgesellschaftlich sinnlos sind, so z. B. die Werbung und alle anderen umsatzsteigernden Massnahmen der Wirtschaft. Diese Massnahmen und die eigentliche Produktion derjenigen Güter, die nur durch Werbung verkauft werden können, verbrauchen Material (Metalle, Erdöl), Energie (Strom, Kohle, Erdöl) und Arbeitszeit, ohne dass damit der erlebbare Wohlstand der Gesamtgesellschaft steigt.
Die Trennung von Arbeit und Einkommen wird wegen verminderter Güternachfrage und fehlender Werbung erstens zur Folge haben, dass das Produktionsvolumen gesenkt und damit der Verbrauch von Grundstoffen und Energie sowie die Belastung von Luft und Wasser vermindert wird. Zweitens wird sich - das Hauptziel der Einführung einer zeitgemässen Wirtschaftsordnung - die Denkfähigkeit des Menschen entschieden weiterentwickeln (können), was u. a. einerseits grundlegend neue Methoden in der Produktion und Energiegewinnung und andererseits effiziente Reinhalteverfahren für Luft und Wasser ermöglicht.

D 2.2. Die Ausführung

Das Volleinkommen wird aus folgenden Gründen kaufkraftbezogen einheitlich sein müssen:

D 2.3. Die Durchführung

Das Volleinkommen besteht aus einem festen Betrag an den einzelnen Bürger (Kinder erhalten weniger) und einem Betrag für die Wohnungskosten. Letzterer ist unterschiedlich hoch, in Abhängigkeit von der Belegung der Wohnung.
(Selbstverständlich kann jemand auch ein Haus haben. Dies entscheidet sich nicht nach wirtschaftssystembezogenen Kriterien, sondern aufgrund eines politischen Grundsatzentscheids. Die Hauptkriterien werden dabei vermutlich die insgesamt dem Volk zur Verfügung stehende Bodenfläche sein sowie das gewünschte Ausmass der nationalen Selbstversorgung, d. h. der Fläche an Agrarland. Allerdings wird es diesbezüglich kaum mehr wirtschaftlich bedingte Vorrechte geben.) Insgesamt soll die Regelung so getroffen werden, dass jeder über etwa die gleiche Menge an Wirtschaftsgütern verfügen kann und niemand aus finanziellen Gründen heiratet, Kinder hat, umzieht oder mit jemandem zusammenwohnt - oder eben gerade nicht.

Gelegentlich wird die Frage gestellt, wie hoch das Volleinkommen sein werde. Das Einkommen wird so hoch sein, wie es heute im Durchschnitt ist. Allerdings wird es tatsächlich für jeden so hoch sein und nicht nur im theoretisch errechneten Durchschnitt. Grundsätzlich hängt das langfristige Gesamteinkommen in einem Land davon ab, wie viele Güter das Land produziert. Daran ändert auch die Art der Verteilung der Güter (via Geld) an die Bürger, respektive die Art des Wirtschaftssystems, nichts. Aufgrund der (gemäss Statistiken) heutigen Differenz zwischen Durchschnittseinkommen und Medianeinkommen (d. h. dem Einkommen desjenigen, der genau in der Mitte steht, wenn alle in der Reihenfolge der Höhe ihres Einkommens aufgereiht sind) von ca. 10% werden unter Volleinkommensbedingungen ca. 60% der Bürger mehr Geld erhalten als heute und ca. 40% weniger. Im Weiteren wird der real erlebbare Wohlstand insgesamt vermutlich eher steigen, weil alle unsinnigen Tätigkeiten - die in der Regel auch immer Material und Energie verbrauchen - eingestellt werden, so u. a. die Werbung, wodurch z. B. weniger Erdöl importiert werden muss, was gesamtvolkswirtschaftliche Ausgaben einspart.

(Nebenbei: Das gesicherte einheitliche Einkommen hätte zur Folge, dass erstens nicht mehr langfristig Geld gespart werden müsste und zweitens nicht mehr partiell so viel Geld - wie heute - zur Verfügung stehen würde, das nicht benötigt wird. Dadurch würde auf einem anderen als dem bisher vertretenen Weg das erreicht, was durch eine künstliche Alterung des Geldes erreicht werden soll: dass das Geld fortwährend im Umlauf ist.)

Die neue Wirtschaftsordnung wird durch eine Volksabstimmung eingeführt werden, d. h. nur dann, wenn die grosse Mehrheit der Stimmbürger es will.

D 2.4. Die Bedenken

Der sich durch und durch mit dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem Identifizierende wird reichlich Bedenken haben, ob die Menschen, wenn sie bis ans Lebensende Monat für Monat ein volles Einkommen erhalten, noch arbeiten würden.

Dazu gibt es eine psychologische und eine technische Antwort.

Deshalb ist das freie volle Einkommen keine Utopie, sondern wird schon bald unumgängliche ökonomische Notwendigkeit werden. Da ein neues Volkswirtschaftssystem jedoch nicht über Nacht ausgearbeitet werden kann, heisst dies, dass Finanzierungsmöglichkeiten gesucht werden müssen, um mit der Erarbeitung des neuen Systems bald beginnen zu können. Für diese Planungsarbeit ist, wie oben gesagt, mit einem Aufwand von ca. zweihundert Mannjahren zu rechnen.

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Wer wir sind

Die Gesellschaft Denken und Wissen ist ein Verein nach Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches mit Sitz in Bern. Sie will bewirken, dass die Denkfähigkeit des Menschen auf eine entschieden höhere Stufe entwickelt wird und das daraus gewonnene Wissen in einem weit umfassenderen Mass als bisher eine unmittelbar lebenstaugliche Bedeutung erhält.

Die Gesellschaft Denken und Wissen will im Hinblick auf ihr Ziel als ersten Schritt die äusseren Lebensbedingungen in Form eines neuen Wirtschaftssystems dahingehend verändern, dass eine solche Entwicklung des Menschen überhaupt möglich wird.

Der Verein konzentriert seine Tätigkeit vorerst auf die Verbreitung der Idee Volleinkommen und auf das Sammeln von Geld zur Unterstützung dieser Tätigkeit.

Durch Einzahlung von Fr. 60.– (oder mehr) werden Sie automatisch Gönner des Vereins. Damit werden Sie mindestens einmal jährlich über die Fortschritte der Vereinsarbeit informiert. Selbstverständlich sind Spenden in jeder Höhe erwünscht. Für Spenden über Fr. 12000.– bitten wir um vorangehende Kontaktnahme, da wir noch nicht steuerbefreit sind.

Unser Konto bei der Postfinance:
30-770177-6, IBAN CH66 0900 0000 3077 0177 6

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Schriften

Als Ergänzung gibt es folgende Schriften:

- Das einheitliche Volleinkommen.
    Eine intellektuelle Herausforderung. Fr. 10.80

- Grenzen der Wissenschaft. Fr. 14.-

- Kleine Geldlehre. Fr. 9.-

- Diese Webseite in Heftform auf Papier. Fr. 21.-

Zu bestellen bei denkenundwissen@bluewin.ch
oder
Gesellschaft Denken und Wissen
Marktgasse 56
3011 Bern


Stand: Dezember 2015 / November 2017


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D - Das neue Wirtschaftssystem
D 1. Neue Wirtschaft
D 2. Das Volleinkommen
   D 2.1. Die Begründungen
   D 2.2. Die Ausführung
   D 2.3. Die Durchführung
   D 2.4. Die Bedenken






Wer wir sind

Schriften

Flugblätter (PDF):
Grundeinkommen? Nein Danke!
Grundeinkommen vs Volleinkommen
Richtigstellung zur Geldschöpfung